Oper in Dortmund (Saison 2013/2014)

 

In Dortmund starte ich am 15. September mit dem "Figaro", was dann auch gleichzeitig "mein" Saisonbeginn sein wird.

 

15. September 2013, le nozze di Figaro von Wolfgang Amadeus Mozart - Wiederaufnahme

Heute nun war für mich endlich die "opernlose" Zeit vorbei, und ich erlebte einen richtig tollen Saisonauftakt mit einem wie immer super aufgelegten Dortmunder Ensemble. Die Besetzung war fast wie beim letzten Mal, nur dieses Mal sang erneut Ileana Mateescu den Cherubino, und Julia Amos gab die Susanna.

Nach vielen Vergleichen, die ich so ziehen konnte, ist für mich Frau Mateescu die absolute Traumbesetzung für den Cherubino. Das soll die Leistung anderer Darstellerinnen wirklich nicht schmälern, aber Frau Mateescu hat einen entscheidenden Vorteil: sie ist groß gewachsen, was für eine männliche Rolle nun einmal sehr vorteilhaft ist, und sie ist in der Darstellung wunderbar maskulin, was man ja wirklich nicht vermuten würde bei dieser attraktiven Dame. Man kann diese Rolle auf so viele Arten darstellen, und es war bislang für mich immer sehr schön anzusehen und anzuhören, dennoch: heute stand erneut die Traumbesetzung für diese Partie auf der Bühne.

Frau Amos gab eine charmante und liebe Susanna, und sie trug keine weiße Perücke, sondern eine wunderschöne Hochsteckfrisur. Anke Briegel gefiel mir einen Touch besser in dieser Rolle, weil sie so herrlich burschikos und frech daher kam. So stellte sie ja auch die Adina dar, und da mochte ich wiederum Julia Amos einen Touch lieber, weil ich die etwas feinere und elegantere Darstellung schöner fand, was ja wiederum nicht heißen soll, dass nicht beide Damen auf ihre jeweils eigene Weise in beiden Rollen ganz wunderbar waren. Aber man hat ja so seine "Vorlieben", nicht wahr? 

Es war also ein Saisonauftakt ganz nach meinem Geschmack, und ich habe den Abend sehr, sehr genossen. 

Als nächstes freue ich mich auf die Premiere des Don Carlo.

 

29. September 2013, Don Carlo - Mailänder Fassung mit vier Akten von Giuseppe Verdi - Premiere

Nach einem grandiosen Opernabend mit einem super aufgelegten Ensemble und Orchester, die wirklich alles gaben, und nach einer schönen Premierenfeier, bei der ich mich wunderbar unterhalten habe, bin ich nach Hause geschwebt.

Die Inszenierung von Jens-Daniel Herzog fand leider nicht uneingeschränkten Anklang, aber in die "Buhs" mischten sich auch viele "Bravos". Ich hatte mich schon vorher etwas schlau gemacht auf der Seite der Mannheimer Oper und wusste somit, was uns in Dortmund erwarten würde, und ich wusste vorher, dass es mir gefallen würde, was dann ja auch der Fall war. 

Aber der Reihe nach:

Die Oper beginnt mit der Beisetzung Kaiser Karls des V. Das Volk und die Würdenträger ziehen in langen Reihen zu seinem Grab. Ein Mönch beklagt die Vergänglichkeit der Welt. Den Infanten Don Carlo plagt Liebeskummer, denn seine Verlobte, Elisabeth von Valois, musste aus Staatsraison die Gattin seines Vaters und somit seine Stiefmutter werden. Er wird durch die Ankunft seines Freundes Posa aus seinen dunklen Gedanken gerissen und gesteht ihm seine Liebe zu Elisabeth. Dieser rät ihm dringend ab darüber zu sprechen und das besser für sich zu behalten. Posa ist ihm zwar ein Freund, aber er liebt außer seiner politischen Idee Flandern zu befreien, eigentlich niemanden. Er zeigt Carlo immer wieder das Wappen Flanderns auf einem Tuch und versucht ihn dazu zu überreden bei der Sache mitzumachen. Bei einer von Posa mitgebrachten Zigarette schwören sie sich ewige Freundschaft. Dann erscheinen noch König Philipp der II. und seine Gattin Elisabeth, die ebenfalls zum Grab des Verstorbenen gehen. Die Bühnenausstattung ist schön schlicht in weiß gehalten, man sieht kastenförmige, säulenartige Elemente mit Stuckverzierung. Je nach Szene werden die Öffnungen mit fallenden weißen Vorhängen gefüllt, oder mit einer Art Pappe, die Elemente sind beweglich, so verschwindet das Grab am Ende des ersten Teils nach hinten, und der Raum verändert sich für die nächste Szene.

Im zweiten Teil versuchen die Hofdamen der Königin mit Prinzessin Eboli die Zeit tot zu schlagen und ihrem offenbar langweiligen Dasein etwas Spaß zu verleihen, indem sie sich an den armen Tebaldo, den Pagen, heranmachen und ihn in eine peinliche Lage bringen. Höhepunkt ihrer Tollheiten ist, dass sie ihn in einen kleinen Pool schubsen, aus dem er sich nur schwer befreien kann. Die Ladies machen es sich auf weißen Liegestühlen bequem. Prinzessin Eboli ist einerseits sehr spöttisch, besonders bei dem "Schleierlied" vom liebestollen König und der verschleierten Königin, andererseits auch sehr frivol. Als die Königin erscheint, werden die Spielchen abgebrochen, dann kommt der Marquis von Posa, an den sich die Damen auch gleich wieder heranschmeißen. Es muss schon langweilig bei Hofe sein... Er schafft es Elisabeth einen Brief von Carlo zuzuspielen. Posa lockt die Damen fort, damit Elisabeth und Carlo sich aussprechen können. Carlo gesteht ihr seine Liebe, die sie zwar im Grunde ihres Herzens erwidert, aber aus Staatsraison deutlich darauf hinweist, dass das nicht möglich ist. Carlo ist darüber verzweifelt, kann er sich doch nicht mit der neuen Situation abfinden.

Bevor der König auf der Bildfläche erscheint, kann Carlo fliehen. Der König ist verärgert darüber, dass seine Frau ohne Hofame ist und entlässt diese. Elisabeth verabschiedet sich von der Vertrauten und schenkt ihr einen Ring von sich, den sie provozierend dem König unter die Nase hält und auch allen anderen zeigt. Sie zeigt deutlich, dass ihr die Gefühlskälte ihres Gatten zuwider ist. Sie bittet ihre Hofdame zu Hause nicht zu erzählen wie schlecht sie in Spanien behandelt wird.

Dann verlässt sie den Schauplatz des Geschehens. Der König hält Posa zurück, dieser nutzt die Gelegenheit den König darauf hinzuweisen, wie schlecht die Truppen die Menschen in Flandern behandeln und will ihn überreden dem Volk zu helfen, man solle doch nicht am Ende sagen Philipp sei wie Nero, und er wolle nicht, dass niemand den König möge. Dabei zeigt er ihm Fotos der Gräueltaten. Philipp kann wenig mit dem anfangen, was Posa sagt und hält ihn für einen Träumer, aber auch für mutig, mit ihm so zu reden. Er hält ihn für vertrauenswürdig und bittet ihn für sich tätig zu werden. Er vermutet, dass seine Frau ihn mit Carlo betrügt, er solle das mal überwachen und ihm berichten. Posa gefällt das zunächst nicht, aber das Angebot und der Karriereschub sind dann doch zu verlockend, und er willigt ein.

Im ersten Teil des zweiten Aktes lockt Eboli Carlo mit einem Brief in den Garten. Sie ist nämlich in ihn verliebt, sagen wir mal eher in die Aufstiegsmöglichkeiten ihrerseits, würde sie die Frau des Infanten. Er kommt auch und hält die verschleierte Frau für Elisabeth und gesteht ihr erneut seine Liebe. Als er den Irrtum bemerkt, rudert er zurück, sehr zum Ärger und Verdruss von Eboli, die natürlich durch die Rückweisung in ihrem Stolz gekränkt ist. Wütend macht sie ihm klar, dass ihm das noch sehr leid tun werde, sie werde dies dem König schon wissen lassen. Posa, der hinzukommt, will sie töten, tut es dann aber doch nicht. Er bittet Carlo ihm verräterische Briefe auszuhändigen, was dieser auch nach einigem Zögern tut, denn so groß ist sein Vertrauen zu Posa eigentlich nicht mehr, nachdem doch dieser inzwischen der Vertraute seines Vaters ist.

Im zweiten Teil findet das sogenannte Autodafé statt. Hier ist es eher eine Art Gerichtsverhandlung. Philipp leitet diese mit einer Art Abendmahl ein, also mit einem Kelch Wein und einem Laib Brot. Vorher wird der Boden gewischt und Ordnung gemacht. Die Zeremonie wird gestört durch Carlos Auftritt mit sechs flandrischen Gesandten. Er fordert Freiheit und Gerechtigkeit für die Flamen. Der König ist empört ob dieser Dreistigkeit und lehnt ab. Carlo wiederum bedroht seinen Vater mit einer Waffe. Niemand wagt es dem Infanten Einhalt zu gebieten, nur Posa traut sich und entwaffnet Carlo zu dessen Entsetzen. Er wird festgenommen und Posa befördert. Danach nimmt das Ritual seinen finalen Lauf. In diesem Fall werden die Abtrünnigen, andersdenkende hohe Beamte, zum Selbstmord gezwungen. Die Stimme vom Himmel ist ein junger Geistlicher.

Im ersten Teil des dritten Aktes beklagt sich der König darüber, dass seine Frau ihn nicht liebt - ich denke jedes Mal, wenn ich das höre, "Du Depp, was erwartest Du denn? Du nimmst Deinem Sohn die Braut weg und erwartest noch ein Dankeschön und Liebe? Unmöglich!" - in dieser Inszenierung klagt er Posa sein Leid. Der Großinquisitor erscheint auf Wunsch des Königs, da dieser nicht recht weiß, was er mit seinem aufsässigen Sohn, der die Waffe gegen ihn zog, machen soll. Er gestattet dem König, falls dieser  es so wolle, die Todesstrafe für Carlo und dazu den Kopf des Posa, da er die von ihm in Flandern angezettelte Rebellion für Hochverrat, eine Gefahr für den Thron hält. Der König beugt sich schweren Herzens dem Altar, also der Kirche. Elisabeth beklagt den Verlust einer sehr privaten Schatulle mit Briefen und Andenken. Der König gibt zu, dass er dies in Auftrag gegeben habe und wirft ihr offen Ehebruch vor. Sie bricht ob dieser falschen Behauptung verzweifelt zusammen, und er muss erkennen, dass er zu weit gegangen ist. Eboli tut ihr Verhalten sehr leid, denn sie steckt hinter der Intrige, die sie aus lauter Eifersucht angezettelt hat. Sie gesteht der Königin, dass sie Carlo liebe, aber abgewiesen worden sei und dass sie darüber hinaus den Ehebruch begangen habe mit Philipp, der ihr angedichtet worden war. Darauf entlässt die Königin Eboli. Diese lässt ihrer Verzweiflung in einer großen Arie freien Lauf und nimmt sich vor, vor dem Exil noch Carlo aus dem Kerker zu befreien.

Im zweiten Teil des dritten Aktes sitzt Carlo im Kerker. Posa besucht ihn und erzählt ihm, dass er die Schuld an der Verschwörung auf sich genommen habe. Er weiß, dass ihn das das Leben kosten wird. Kurz bevor er abgeführt und getötet wird, beschwört er Carlo die flämische Sache fortzuführen. Dann kommt Philipp, um seinem Sohn die Freiheit zu geben. Dieser ist ihm gegenüber weiterhin aufsässig. Das Volk versucht seinerseits den Infanten zu befreien, aber der Großinquistor weiß dies zu verhindern. Eboli gelingt es schließlich Carlo wegzuführen.

Im vierten Akt beklagt die Königin ihr Leid, sie fühlt sich unverstanden und nicht geliebt. Sie wünscht sich nichts sehnlicher als in die Heimat Frankreich zurückkehren zu können, am liebsten mit Carlo. Dieser kommt, aber um sich zu verabschieden, er will das Werk Posas fortsetzen. Elisabeth ermutigt ihn dazu. Beide entsagen ihrer Liebe. Der König bekommt das mit, missversteht mal wieder alles und will die zwei bestrafen, aber eine Stimme,  die Karls des V., - hier jedoch vom toten Posa gesungen - lässt alle vor Angst erstarren, und Carlo kann entkommen.

Man sah hier einerseits das strenge Hofzeremoniell und Menschen, die an der Tradition kleben und von der Realität draußen offensichtlich nichts mitbekommen, dazu gewandet in sehr traditionelle schöne (und unbequeme) Kostüme, und dann die modernere Gegenwelt - im Stil der 60er Jahre. Die Damen waren durchweg schick im Stil der 60er gekleidet mit den damals modernen Hochsteckfrisuren, dazu sah man Geistliche, Würdenträger, Militärs in entsprechenden Kostümen. Es passte alles sehr harmonisch zusammen. Die Bühne war schön hell und zweckmäßig, die Kostüme, wie erwähnt, waren wunderschön und passten toll dazu.

Zur Besetzung:

  • Philipp II - König von Spanien Wen Wei Zhang
  • Elisabeth von Valois, seine Gattin - Susanne Braunsteffer
  • Don Carlo, Infant von Spanien - Luc Robert als Gast
  • Prinzessin Eboli, Dame der Königin - Katharina Peetz
  • Rodrigo, Marquis von Posa - Gerardo Garciacano
  • Graf von Lerma, Herold des Königs - John Zuckerman
  • Tebaldo, ein Page - Julia Amos
  • Der Großinquisitor - Christian Sist
  • Ein Mönch - Karl Heinz Lehner
  • Die Stimme vom Himmel -  Anke Briegel
  • Sechs flandrische Gesandte -Jacob Eisa, Robin Grunwald, Christian Henneberg, Paul Jadach, Bruno Vargas, Brughard Zass
  • Musikalische Leitung - Gabriel Feltz
  • Inszenierung - Jens-Daniel Herzog
  • Mitarbeit Regie - Susann Kalauka
  • Bühne, Kostüme - Mathis Neidhardt
  • Mitarbeit Kostüme - Verena Polkowski
  • Choreinstudierung -  Granville Walker
  • Licht - Ralph Jürgens
  • Dramaturgie - Georg Holzer

Wen Wei Zhang war ein hinreißender Philipp. Er sang nicht nur wunderschön, er war auch ein ganz großartiger Darsteller. Seine Darstellung des einerseits in Traditionen erstarrten und strengen Regenten, andererseits darüber klagend, dass er nicht geliebt wird, war unglaublich überzeugend. Susanne Braunsteffer gab erwartungsgemäß eine wunderbare und großartige Elisabeth mit herrlicher Stimme und trotz steifen Kleides starken schauspielerischen Leistung, was sicher angesichts der Kostümierung nicht so leicht fiel wie beim Troubadour, wo sie die hinreißende Leonora gab. Luc Robert gefiel mir als Carlo ausnehmend gut, er sang richtig toll, hat eine starke und schöne Stimme und überzeugte mich auch darstellerisch.  Gerardo Garciacano gab einen etwas schmierigen Posa, dem man durchaus anmerken konnte, dass ihm Menschen an sich wenig wichtig waren, dass es nur um ihn und seine Sache ging. Er gefiel mir sehr, und er sang toll mit weichem Bariton. Katharina Peetz spielte die intrigante, frivole und am Ende von Reue zerrissene Eboli absolut überzeugend. Stimmlich kam sie etwas an ihre Grenzen, machte das aber durch die sehr starke darstellerische Leistung wieder wett. Ist ja auch eine sehr heikle Partie. Mich störte das überhaupt nicht. Das ist mir lieber als eine Darstellerin, die vielleicht chemisch gereinigt singt, aber langweilig und ausdruckslos  an der Bühnenrampe steht und ihre Arien plärrt. Nein, dann doch viel lieber eine so starke und emotionale Darstellung wie Frau Peetz sie geboten hat, auch wenn dann mal die Stimme nach oben nicht so ganz reichte. Ich habe jedenfalls selten eine derart intensive und überzeugende Eboli erleben dürfen! Christian Sists Großinquisitor war erwartungsgemäß großartig gesungen mit seinem warmen und höchst angenehmen Bass! Ich freue mich schon darauf, ihn auch mal als Philipp zu hören. Die kleinen Rollen waren natürlich auch wunderbar besetzt. Julia Amos war ein ganz wunderbarer Tebaldo, man konnte meinen, es stünde ein junger Mann auf der Bühne, der mit formvollendeten Manieren den Damen ihre Drinks von einem Teewagen servierte. Elegant gekleidet in weiß. Die Rolle ist zwar klein, aber sie spielte sie toll. Auch Anke Briegel als Stimme vom Himmel, gekleidet als junger Geistlicher, war überzeugend wie immer, ebenso natürlich Karl Heinz Lehner als Mönch. 

Dieses tolle Ensemble, Chor und Orchester gaben wieder einmal alles, und die zahlreich erschienenen Zuschauer dankten es mit donnerndem Applaus, vielen, vielen Bravo-Rufen und  stehenden Ovationen.  Ich werde mir selbstredend noch weitere Aufführungen ansehen!

Ich habe diesen Opernabend sehr genossen. Diese Oper enthält ohnehin viele wunderbare Arien und Duette sowie große Chorszenen. Ich bin förmlich nach Hause geschwebt! Ein herzliches Danke an alle Beteiligten, Sie waren ausnahmslos klasse!

 

20. Oktober 2013, Don Carlo - Mailänder Fassung mit vier Akten von Giuseppe Verdi

Heute habe ich mir erneut diese wunderschöne Oper angesehen und war wieder hin und weg. Es gab drei Neubesetzungen:

Die Elisabeth wurde gesungen von Christiane Kohl. Sie sang diese wunderschöne Rolle hingebungsvoll mit einem wunderbar warmen und vollen Sopran - eine Stimme zum "Wohlfühlen"! Wir hatten wieder eine hinreißende und überzeugende Elisabeth.

Der Mönch zu Beginn wurde gesungen von Carl König, während Karl Heinz Lehner heute einer der Geistlichen war, die zu Beginn des Autodafé auftreten.

Der Großinquisitor wurde verkörpert von Taras Konoshchenko als Gast vom Theater Lübeck. Er war okay, wirkte aber immer etwas angestrengt und stemmte die hohen Töne, was Christian Sist völlig mühelos gelang, der sang die Partie mit Leichtigkeit.

Die anderen Partien waren wie in der Premiere und erneut klasse. 

Ein Opernabend zum Wohlfühlen. Nach der gestrigen "Macbeth"-Premiere in Essen hatte ich nun mit dem heutigen Abend wieder zwei ganz wundervolle Verdi-Ereignisse.

 

01. Dezember 2013, Tannhäuser von Richard Wagner - Dresdener Fassung - Premiere

Ein längerer Bericht folgt. Nur vorab schon mal so viel: ich erlebte einen fulminanten Opernabend, der mir ausgezeichnet gefallen hat. Es war eine sehr moderne und mutige Inszenierung, aber ich fand sie toll. Eine großartige Sängerriege stand wie immer zur Verfügung, und die herrliche Musik ließ mich wieder einmal schweben!

Morgen mehr dazu...

Und jetzt geht es weiter:

Ja, wo soll man anfangen? Es war eine Bilderflut, wie ich sie noch nie gesehen hatte. So hatte ich den Tannhäuser vorher nie erlebt. Als ein Teil der Ouvertüre gespielt war, öffnete sich der Vorhang. Man sah den Tannhäuser an einem Kreuz stehen, auf der einen Seite die Venus auf der anderen Seite Elisabeth mit Wolfram. 

Dann sieht man ein Video. Im Zeitraffer wurde Tannhäusers erträumtes Leben gezeigt, das er mit Venus hätte leben können. Die erotischen Szenen waren sehr harmlos, also nichts Schlüpfriges. Sie bekommen in dem Traum auch ein Kind, dann sieht man sie am Grab des Kindes. Die Inszenierung basiert auf Nikos Kazantzakis "die letzte Versuchung Christi". Darin wird Christus als Zweifelnder beschrieben, der lange nicht seine wahre Bestimmung wahrhaben will und am Kreuz geneigt ist dem Satan nachzugeben, nur um von seinen Schmerzen befreit zu werden. Und so durchlebt er einen Traum, in dem sein imaginäres mögliches irdisches Leben mit Frau und Kindern dargestellt wird. Als er aus dem Traum erwacht, ist er bereit seine von Gott gegebene Bestimmung zu erfüllen und die Menschheit am Kreuz zu erlösen. Und genau da knüpfte die Inszenierung von Kay Voges an. Ich hatte mich vorher sehr gut informiert, sonst wären mir einige Dinge vielleicht auch fremd geblieben. 

Allen Nörglern und Leuten, die meinen alles ausbuhen zu müssen, sei mal angeraten sich vorher zu informieren. In der heutigen Zeit muss niemand mehr uninformiert eine Vorstellung besuchen! Auf der Webseite der Dortmunder Oper gibt es ein Interview mit dem Regisseur sowie Ausschnitte aus dem Stück. Wenn man schon vorher Zweifel hat, sollte man besser abwarten, bevor man wie bescheuert herumbuht und alles niedermacht! Ich hatte mich bezüglich des umstrittenen Parsifal in Essen auch erkundigt, habe das Konzept des Regisseurs nicht verstanden und blieb zu Hause. Sollten die Buher künftig besser auch tun, auf SOLCHE Zuschauer kann man dann auch verzichten. Dies mal eben eingestreut.

Es waren wirklich ausgezeichnete Video- und Lichteffekte, immer passend zum Handlungsstrang. Und es wurde auch richtig romantisch als Elisabeth um das Seelenheil Tannhäusers betet. Sie kniet, weiß gekleidet mit wehendem Stoff und wehenden Haaren. Das hatte schon was. Das ist nur mal ein Beispiel. Alles zu beschreiben, puh, das würde wohl zu weit führen. Es waren viele kleine Videosequenzen und viel Bewegung auf der Bühne, welche die Handlung an sich begleiteten.

An der Handlung an sich war natürlich nichts geändert worden. Im ersten Teil mit Venus sieht man einen vom Überdruss gelangweilten Tannhäuser, der von einem kleinen Engel bedient wird. Die Bühnenausstattung zeigt eine Küche im Stil der 50er Jahre, Venus ist höchst elegant gekleidet mit einem schicken schwarz-weißen Kleid, unterm Rock ist ein Petticoat mit Spitze, die hervorlugt. Dazu trägt sie schwarz-weiße mörderisch hohe Pumps. Hat auch eine entsprechende Frisur und schönen Schmuck um. Zwischendurch trägt sie auch nur den Rock des Ensembles mit einer grünen Bluse und einer Schürze und werkelt in der Küche. Ganz brave Hausfrau. Tannhäuser zappt am Fernseher herum und langweilt sich. Er wünscht sie zu verlassen, was sie natürlich nicht begeistert aufnimmt. Als sie merkt, dass sie ihn sowieso nicht umstimmen kann, verflucht sie ihn und die gesamte Menschheit.

Tannhäuser ist im krassen Kontrast zum übrigen schick gekleideten Ensemble zunächst mit Unterwäsche und kurzem weißen Morgenmantel, später in einem langen, wenig schönen, Gewand zu sehen, und er trägt fast immer eine Dornenkrone. Aber: bitte! Das war keinesfalls blasphemisch gemeint, es stellte Tannhäuser, wie oben erwähnt, nur der Christus-Figur des obigen Werkes gegenüber. Tannhäuser als der böse und lüsternde Sünder, der wegen seiner Leidenschaft ausgestoßen wird aus der biederen Gesellschaft und eben auch optisch aus dem Rahmen fällt. Hier werden keine religiösen Gefühle verletzt. Wenn doch: nochmals sorry, bitte vorher schlau machen und nachlesen! 

Die Kostüme sind wirklich sehr, sehr schön!

Tannhäuser ist dann also wieder auf Mutter Erde angekommen, und ein junger Hirt, als Fabelwesen (Pan) verkleidet, singt ein Loblied auf Venus. Dann erscheinen seine ehemaligen Sängerkollegen. Alle sind Popstars (Edel-Rocker) und entsprechend gekleidet: mal mehr, mal weniger flippig, aber sehr schick und teilweise glamourös, besonders der Wolfram. Sie nehmen ihn wieder in ihre Riege auf. Erst will Tannhäuser nicht so recht, aber als Wolfram ihn an Elisabeth erinnert, geht er gerne mit ihnen. Er trifft diese, und nach anfänglichen Vorwürfen ihrerseits wieso er überhaupt wegging, gestehen sie einander erneut ihre Liebe.

Elisabeth ist einer Madonna nachempfunden - als Gegenpol zu Venus. Ganz in rot mit einem Strahlenkranz im Haar. Sieht sehr romantisch und wunderschön aus!

Dann findet der Sängerwettbewerb, der vom Landgrafen eröffnet wird, statt. Die Sänger begrüßen ihr Publikum wie es heutige Popstars so tun.  Wolfram beginnt mit einem Lied über die entsagende Liebe, Tannhäuser kritisiert ihn dafür. Es folgt Walther von der Vogelweide und besingt die Liebe als fernes Ziel, was ihm auch kritische Worte Tannhäusers einbringt, dem der erotische Genuss am wichtigsten ist. Biterolf will ihn in die Schranken weisen und bekommt bissigen Spott zu hören. Als Tannhäuser dann zugibt im Venusberg gewesen und dort gelebt zu haben, ist bei allen Beteiligten buchstäblich "Schluss mit lustig". Man beschimpft Tannhäuser als schlimmen Sünder und verstößt ihn aus der ehrenwerten Gesellschaft. Elisabeth erreicht für ihn insofern Gnade, dass er nach Rom ziehen und sich einem Pilgerzug anschließen darf, um beim Papst  Vergebung seiner Sünden zu erlangen.

Elisabeth betet für Tannhäusers Heil und wartet auf den heimkehrenden Pilgerstrom aus Rom. Wolfram liebt sie auch, verzichtet aber aus hehren Gründen. Als Tannhäuser nicht bei den Pilgern ist, zieht sich Elisabeth zurück. Hier sieht man dann einen Videofilm, in dem sich die Darstellerin ihre Oberkleides entledigt, sich abschminkt, die Perücke herunternimmt, in eine Badewanne steigt und den Anschein erweckt, sich umzubringen.

Am Ende kommt Tannhäuser als Büßender heim, sein Gewand und sein Gesicht sind blutüberströmt, und weil der Papst ihm die Vergebung verweigert hat mit den Worten eher würde ein Stock wieder Grün treiben als dass ihm Vergebung gewährt werden könne, d. h. wenn das passieren würde, dann schon, aber das sei ja aussichtslos. Er trifft auf Wolfram und erzählt ihm alles. Tannhäuser will zurück zu Venus, die auch bereit ist, ihn wieder aufzunehmen, Wolfram hindert ihn aber mit Hinweis auf Elisabeth daran. Diese ist verstorben, der Landgraf und die Sänger tragen ihren offenen Sarg. Tannhäuser ist tief erschüttert und stirbt ebenfalls. in dem Moment erfährt man, dass an einem Pilgerstab frisches Grün sprießt - Tannhäuser ist erlöst.

Die Bühnenausstattung ist ansonsten sehr schön und sparsam. Eine Vorrichtung dient man als Kathedrale, mal als Venusberg. Die Lichtreflexe waren richtig toll gemacht. In einer Szene sieht man drei Sängerinnen aus dem Chor als lebende Kirchenfenster, eine war als Tod verkleidet.

Dominant ist ein Kreuz mit Leuchtstoffröhren, aber es sind auch immer wieder Videos darauf zu sehen. Es steht zumeist auf einer Art Altar.

Das ist zunächst mal das, was meine Erinnerung preisgibt. Bei meiner nächsten Vorstellung im kommenden Jahr fällt mir gewiss noch mehr ein.

Die Besetzung war perfekt und absolut spitze:

  • Hermann, Landgraf von Thüringen - Christian Sist klasse, wie immer! Er sang wunderbar und war auch darstellerisch sehr überzeugend. Ja, wie immer!
  • Tannhäuser - Daniel Brenna als Gast aus Stuttgart. Es war sein Rollendebüt, und er wusste absolut zu überzeugen. Ein junger Heldentenor mit einer schönen und starken Stimme (diese Rolle sollte wirklich kein normaler Tenor singen, wie das in Essen der Fall war...). Und er war ein hinreißender Darsteller, extrem intensiv, unglaublich!
  • Wolfram von Eschenbach - Gerardo Garciacano hinreißend! Er sang richtig toll, wie eben auch immer! Tolle Stimme und sehr guter Darsteller!
  • Walther von der Vogelweide - John Zuckerman immer wieder hinreißend, was er aus kleinen Rollen herausholt! Hat mir wieder sehr gefallen!
  • Biterolf Morgan Moody ganz wunderbar! Schade, dass die Rolle nicht größer ist! Sehr überzeugende Darstellung und klasse gesungen!
  • Heinrich der Schreiber - Fritz Steinbacher eine kleine Partie, aber bestens vorgetragen.
  • Reinmar von Zweter - Martin Js. Ohu - hier gilt das gleiche.
  • Elisabeth, Nichte des Landgrafen - Christiane Kohl was für eine hinreißende Sopranistin. Hier fehlen einem fast die Worte. Sie war sowas von berührend, sang mit einer absolut hinreißend schönen Stimme und war eine extrem tolle Darstellerin! Perfekt!!!
  • Venus - Hermine May es war schön sie nach der Azucena erneut als Gast zu sehen. Eine wunderschöne Venus mit toller Stimme und wunderbarer Darstellung!
  • Ein junger Hirt - Anke Briegel - hinreißend - wie immer!
  • Vier Edelknaben/Der Tod - Jasmin Dommen, Hasti Molavian, Britta Wille, Paulina Steinmeyer sehr schön anzusehen!
  • Ein Engel - Lilli Schnabel süß!
  • Im Film - Uschi Bienek, Nejla Kalk, Malina Kerlin, Merle Wasmuth, Frank Genser, Carlos Lobo, Uwe Rohbck, Uwe Schmieder vom Dortmunder Schauspiel
  • Dortmunder Philharmoniker - super!
  • Opernchor des Theaters Dortmund, Extrachor und Statisterie - klasse!
  • Musikalische Leitung - Gabriel Feltz
  • Regie - Kay Voges
  • Bühne - Daniel Roskamp
  • Kostüme - Michael Sieberock-Serafimowitsch
  • Video - Daniel Hengst
  • Choreinstudierung - Granville Walker
  • Licht - Ralph Jürgens
  • Dramaturgie - Georg Holzer

Also, MIR hat es super gefallen, meinen Sitznachbarn ebenfalls, und als diese albernen Buhs kamen, stand ich demonstrativ auf und hielt mit Bravo-Rufen dagegen, und ich bekam auch kräftig Hilfe! Diese "Buher" nerven einfach nur! Man kann immer anderer Meinung sein, aber so ein Benehmen im Opernhaus ist peinlich und im höchsten Maße respektlos! 

Es war ein richtig toller Opernabend, die Musik ist sowieso ein einziger Traum, und ich saß mal wieder auf Wolke sieben. Für mich stimmte da einfach alles. Ja, es war durchaus anders und mutig, aber absolut konsequent durch inszeniert. Da kann man Kay Voges und seinem Team nur gratulieren. Gut gemacht!

Im nächsten Jahr schaue ich mir das Ganze natürlich nochmal mindestens einmal an!

 

08. Dezember 2013, Don Carlo - Mailänder Fassung mit vier Akten von Giuseppe Verdi

Die heutige letzte Vorstellung habe ich mir natürlich auch noch angesehen und war erneut restlos begeistert! Krankheitsbedingt waren einige Positionen umbesetzt worden, was aber natürlich nicht negativ war:

Sangmin Lee gab einen herausragenden Posa mit seiner wunderbar vollen und wohlklingenden Stimme - Bravos am Ende waren ihm sicher. Heike Wessels vom Theater Mannheim war auch eingesprungen. Für sie ja kein Problem, da sie die gleiche Produktion in Mannheim gesungen hatte. Sie verfügt über eine wirklich super gute Stimme, sehr warm und weich, wohlklingend, und dazu war sie auch eine sehr starke Darstellerin. Auch sie bekam viel Applaus. Gefiel mir sehr.

Christian Sist gab heute König Philipp - hinreißend und sehr überzeugend, Wen Wei Zhang übernahm die Rolle des Großinquisitors - natürlich ebenfalls klasse und überzeugend. Somit habe ich beide Sänger nun in beiden Rollen erleben dürfen. Das freut mich wirklich sehr.

Maike Raschke gab die Stimme vom Himmel. Auch eine sehr schöne Stimme!

Es gab am Ende viel Applaus, was die Künstler sichtlich freute. Luc Robert hatte sich zum Schluss das Schild "Viva la Libertá", welches Posa ja getragen hatte, um den Hals gehängt. Er verabschiedete sich herzlich vom Publikum. Ein wirklich sympathischer Künstler. Vielleicht sehen wir ihn ja mal wieder. Das würde mich echt freuen!

Dieser Don Carlo ist eine tolle Produktion, und ich hatte drei wunderbare Opernabende!

 

12. Januar 2014, Anatevka, Musical von Jerry Bock (Buch: Joseph Stein)

Ich bin zwar kein zu großer Musical-Fan, aber es gibt durchaus Stücke, die ich mag und auch mehrmals anschauen kann, so Anatevka. Mir gefällt die Geschichte, die mal lustig, mal besinnlich und letztendlich traurig ist.

Das Bühnenbild war schlicht: eine "Landschaft" aus Holz mit kleinen Hügeln, also clean, was mich nicht störte, und die notwendigen Requisiten - Milchkarre, Tisch, Stühle, Bank, etc.  - wurden von den Darstellern zu den jeweiligen Szenen hereingebracht. Die Kostüme waren passend, alles sehr traditionell wie man es eben kennt. Und das war auch gut so.

Die Melodien sind bestens bekannt.

Die Geschichte spielt im Russischen Kaiserreich im ukrainischen Schtetl Anatevka in der vorrevolutionären Zeit um 1905. Im Dorf lebt eine jüdische Gemeinschaft, die großen Wert auf Tradition legt. Der Milchmann Tevje lebt mit seiner Frau Golde und seinen fünf Töchtern in Armut. Trotz drohender Progrome im zaristischen Russland bewahrt Tevje seinen Lebensmut und seinen Humor.

Tevjes traditionsbewusste Lebensweise wird in Frage gestellt, als seine drei ältesten Töchter ins heiratsfähige Alter kommen. Eigentlich sollte Yente, die Heiratsvermittlerin, ihnen einen passenden Ehemann vermitteln. Tevje verspricht seine älteste Tochter Tzeitel sogar schon dem wohlhabenden Fleischer Lazar Wolf, als diese ihm eröffnet, dass sie sich mit ihrem Jugendfreund, dem armen Schneider  Mottel, verlobt hat. Hodel, die zweitälteste Tochter, verliebt sich in den Studenten Perchik aus Kiew, den Tevje als Hauslehrer für seine Töchter aufnimmt. Perchik hat revolutionäre Ideen und wird deswegen verhaftet. Die drittälteste Tochter Chava schließlich möchte einen nicht-jüdischen jungen Russen, Fedja,  heiraten.

Tevje hadert mit den Heiratswünschen seiner Töchter, wägt in hintergründigen Monologen das Für und Wider ab. Er erlebt das Infragestellen seiner Tradition, willigt aber in die Heirat Tzeitels mit Mottel ein und lässt, obwohl es ihm schwerfällt, Hodel ziehen. Chava hingegen verstößt er und verzeiht ihr erst ganz am Schluss, als sie sich dem Exodus ihrer Familie anschließt.

Wurde schon die Hochzeit von Tzeitel und Mottel durch eine Machtdemonstration der russischen Soldaten gestört, so verstärkt sich der politische Druck des Zaren und die Juden müssen am Schluss das Dorf Anatevka verlassen. Sie verlassen das ungastliche Russland und wandern nach Amerika aus. Der Fiedler beginnt zu spielen.

Die Besetzung war wie immer ausgezeichnet und bestens, bzw. perfekt ausgewählt:

  • Tevje - Ks. Hannes Brock
  • Golda - Ilse Winkler
  • Tzeitel - Ileana Mateescu
  • Hodel - Mirella Hagen
  • Chava - Anke Briegel
  • Shprintze - Anna Katharina Schulz
  • Bielke - Dana Gonzáles
  • Mottel - E. Mark Murphy (Ensemble-Mitglied des MiR)
  • Perchik - Morgan Moody
  • Fedja - Markus Schneider
  • Yente - Petra Einhoff
  • Lazar Wolf - Thomas Günzler
  • Wachtmeister - Florian Schmidt-Gahlen
  • Mordcha, Gastwirt - Savo Pugel
  • Mendel, Sohn des Rabbi - Thomas Warschun
  • Avram, Buchhändler - Carl Kaiser
  • Rabbi - Georg Kirketerp
  • Yussel - Johannes Knecht
  • Russischer Vorsänger/Moshe - Blazej Grek 
  • Mirila/Fruma-Sara - Christine Groeneveld
  • Schandel, Motels Mutter - Renate Höhne
  • Geiger - Maurice Maurer
  • Musikalische Leitung - Philipp Armbruster
  • Inszenierung - Johannes Schmid
  • Bühne - Michael S. Kraus, Daniel Unger
  • Kostüme - Stefanie Bruhn
  • Choreografie - Michael Schmieder
  • Video - Jana Schatz
  • Licht - Ralph Jürgens
  • Choreinstudierung - Granville Walker
  • Dramaturgie - Wiebke Hetmanek
  • Weitere Mitwirkende: ein Tanzensemble
  • Es spielten die Dortmunder Philharmoniker
  • sowie Akkordeon - Andreas Trenk
  •            Gitarre - Christian Kiefer

Ein Musical, das man sich immer mal wieder ansehen kann. 

 

01. Februar 2014, Carmen - Premiere - von Georges Bizet

Auf diese neue Inszenierung war ich schon sehr gespannt, wiewohl mir vorher klar war: mit DEM bewährten Gespann (Thoma, Bartels, Müer) konnte das sowieso nicht daneben gehen, was sich dann ja auch bestätigte.

Nach der schwungvollen Ouvertüre öffnete sich der Vorhang, und man sah eine Art Fabrikgelände: links eine Wellblechbaracke für die wachhabenden Soldaten, rechts, ebenfalls aus Wellblech mit einem großen Doppeltor (ein normales und eins aus Maschendraht mit Schloss daran) die Tabakfabrik, rechts hinter der Fabrik war ein Holzverschlag, in dem sich der Aufseher aufhielt, der die Arbeitskleidung verteilte und die Fabrik öffnete. Rechts sah man dann noch hohe Fabrikleuchten, ganz hinten noch eine hohes Konstrukt, das ich so nicht identifizieren konnte, aber passend zum ganzen Ambiente. Es war kein schönes Milieu. Die Soldaten trugen schwarze derbe Kleidung. Die Arbeiterinnen waren in normaler Straßenkleidung zu sehen, was ich sehr passend fand, wozu sie, für den schöneren Anblick wie bei den alten Inszenierungen, in schicke Kleider stecken? Ist doch irreal. Darüber trugen sie gelborangefarbene Hauben und Kittel und Clogs. Carmen trug zu Beginn ein schönes rotes Kleid, eng anliegend mit dem typischen Carmenkragen, unten leicht ausgestellt, dazu dunkelrote Pumps. Das Haar trug sie offen.

Schön gelöst in dieser Inszenierung: statt einer Blume warf sie Don José ein rotes Strumpfband zu. Der Aufseher hatte ihr nach ihrem sexy Auftritt mürrisch ihre Arbeitskleidung vor die Füße geworfen, und sie zog die halterlosen Strümpfe aus, bevor sie in Kittel und Clogs schlüpfte. Und dieses Strumpfband warf sie José dann zu.

Micaëla trug ein mittelblaues Hemdblusenkleid mit weitem Rock, dazu einen braunen Gürtel, eine braune Wildlederumhängetasche und dunkelblaue Pumps, und sie trug ihr Haar offen, seitlich zurück gehalten mit Spangen. 

Die Soldaten waren grobe, leicht anzügliche Kerle (aber keinesfalls ordinär).

Nachdem Don José den Auftrag erhalten hatte, Carmen ins Gefängnis zu bringen, schubste diese ihn nicht weg, wie in den anderen Inszenierungen, sondern er löste selber die Handschellen und ließ sie laufen.

Der nächste Akt zeigt dann eine Art "Frittenbude" mit Grill, auch aus Wellblech, davor Tische und Bänke, wo sich die Bandenmitglieder, aber auch ein paar Soldaten und der Sergeant aufhielten und Pause machten. 

Frasquita und Mercédès waren nicht wirklich schick, aber eben auch passend zum eher etwas schäbigen Milieu: Fraquita trug ein so genanntes one-sleeve Ensemble, also eine Schulter frei, in den Farben hell Flieder und rosa mit Volants, Mercédès ein Kleid in hellblau. Lillas Pastia war eine etwas derbe "Schankwirtin" in entsprechender Kleidung, also irgendein wenig schönes Kleid mit Schürze. Passform in allen Fällen: nicht vorhanden  unvorteilhaft,  das war ja aber gewollt. Nix mit Haute Couture. Die beiden Schmuggler-Kollegen waren halt auch entsprechend grob gekleidet. Dafür war Escamillo wieder richtig schick mit schwarzer Hose, die einem glänzenden Seitenstreifen, dazu ein weißes Rüschenhemd und feine Schuhe.

Im dritten Akt sah man links Maschendrahtzäune, die oben Stacheldraht hatten und die Bühne etwas abteilten, rechts war das Gebirge angedeutet, und man sah noch eine Laterne. Ein Bergführer brachte Micaëla nach oben, wo sie ja Don José abholen sollte. In dieser Inszenierung wird sie bei einer Schießerei verletzt und wird von Frasquita und Mercédès versorgt. In dieser Szene trug sie über dem Kleid zwei große Schals in dunkelblau und blaugrau, dazu derbe hohe Schuhe.

Neu hier: die Schmuggler schmuggelten keine Waren, sondern Menschen über die Grenze, dazu wurde ein Teil des Maschendrahtes hochgerollt, und die Menschen, gekleidet in Mäntel und Jacken, ausgestattet mit Koffern und Taschen, schlüpften da durch und gaben einem der Schmuggler das Geld, von dem diese ihren Lebensunterhalt bestritten.

Die Damen trugen über der Kleidung aus dem vorangegangenen Akt Kapuzen-, oder Daunenjacken, farblich passend abgestimmt. Carmen zeigte sich nun in engen Jeans, darüber trug sie eine bordeauxfarbene Steppjacke, darunter ein rotes Unterhemdchen, und sie trug weiße kurze Stiefel. Bis zu dem Zeitpunkt rauchte sie zwischendurch noch selbst gedrehte Zigaretten... Die Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden.

Im letzten Akt hatte man eine Stierkampfarena aus den Wellblechteilen geformt. Oben sah man Fahnen: weißgrundig mit einem schwarzen, einem magentafarbenen und einem goldenen Streifen, in der Mitte war ein Stierkopf abgebildet. An Stangen sah man Torero-Kostüme. Fliegende Händler boten angesichts des Festes allerlei Artikel wie Fähnchen und Fächer aus riesigen Strandtaschen feil. 

Escamillo trug nun ein todschickes Torero-Kostüm in schwarz, hinten mit hellgoldenen Ornamenten, dazu trug ein magentafarbene Strümpfe und schwarze Lackschuhe. Und dann Carmen: welch ein Aufstieg - nachdem sie sich mit Escamillo verbandelt hatte, trug sie nun ein sehr feines und schickes rot-weißes Chanel-Kostüm mit schwarzen Pumps und schwarzer Umhängetasche. Die Zigaretten waren nun nicht mehr selbst gedreht, sondern offensichtlich gekauft und befanden sich in einem feinen Zigarettenetui, und sie benutzte ein schönes Feuerzeug. Ihre Frisur: eine schicke und edle Hochsteckfrisur. Don José sah ziemlich abgewrackt aus in verwaschenen Jeans und einem wenig schönen Hemd, darüber ein zerknitterter Mantel.

Das mal zur Bühne und zu den Kostümen.

Inhalt: (könnte ja sein, dass jemand nicht weiß, worum es hier geht) 

Erster Akt

Ein Platz in Sevilla.

Eine Wache des Militärs vertreibt sich gelangweilt die Zeit durch die Betrachtung der vorübergehenden Menge. Micaëla tritt auf und erfährt auf die Frage nach Don José, dass dieser erst mit der Wachablösung erscheinen werde. Die Einladung der Soldaten, ihnen bis dahin Gesellschaft zu leisten, lehnt sie ab und zieht es vor, später wiederzukommen. Unter lebhafter Anteilnahme einer Horde von Gassenjungen marschiert die ablösende Wache auf. Moralés erzählt Don José von dem Mädchen, das nach ihm gefragt hat. Don José erkennt nach der Beschreibung Micaëla, die als Waise im Hause seiner Mutter lebt.

Leutnant Zuniga fragt Don José über die wegen ihrer Attraktivität bekannten Arbeiterinnen in der nahen Zigarettenfabrik aus. Da ertönt die Pausenglocke der Fabrik. Die Arbeiterinnen strömen auf den Platz, von den Männern begehrlich beobachtet. Carmen hat ihren Auftritt  und wirft Don José, der sie zunächst nicht beachtet, spöttisch ihr Strumpfband zu.

Nach der Pause bleibt Don José zurück. Micaëla kommt zurück, sie überbringt einen Brief von Don Josés Mutter und deren Kuss. José will der Versuchung durch Carmen widerstehen und nach dem Willen seiner Mutter Micaëla heiraten.

Später bricht ein Streit in der Fabrik aus. Carmen hat mit ihrem Messer eine Frau verletzt. Als Carmen sich über den Vorgang und das Verhör lustig macht, beauftragt Zuniga Don José, sie ins Gefängnis zu bringen.

Carmen überredet Don José, sie unterwegs fliehen zu lassen, und verspricht ihm als Dank eine heiße und wundervolle Nacht in der Schänke eines Freundes namens Lillas Pastia. Don José, der zwischen Begehren und Pflichtgefühl schwankt, löst schließlich ihre Handschellen, so dass sie entfliehen kann. Dafür muss er in den Arrest.

Zweiter Akt

Die Taverne des Lillas Pastia.

Zigeunerinnen sitzen mit Zuniga und seinen Offizieren bei Tanz und Gesang in der Taverne. Dieser wirbt um Carmen. Carmen erfährt von Zuniga, dass José zur Strafe einen Monat im Gefängnis saß, inzwischen jedoch wieder frei ist.

Als der bekannte Stierkämpfer Escamillo die Schänke betritt, fällt sein Blick sofort auf Carmen. Er versucht galant, sich ihr zu nähern, doch sie weist ihn zurück. Zwei Schmuggler versuchen, die drei Zigeunerinnen Carmen, Frasquita und Mercédès für einen Diebeszug zu gewinnen. Carmen lehnt ab und wartet stattdessen verliebt auf José. Er kommt endlich.

Sie tanzt und singt für ihn. Da ertönt der Zapfenstreich, der José zum Appell ruft und dem er folgen will. Carmen verspottet ihn wegen seines Pflichtbewusstseins. José versichert Carmen erneut seine tiefempfundene Liebe. Ihr Angebot, das Schmugglerleben mit ihm zu teilen, schlägt er jedoch aus. Als er gehen will, tritt Zuniga herein, der eine starke Eifersucht in José auslöst, weil jener sich zuvor an Carmen herangemacht hatte. Es kommt zur Auseinandersetzung mit handgreiflichen Folgen. Carmen wirft sich zwischen beide. Die Schmuggler und einige Zigeuner überwältigen den Leutnant und fesseln ihn. Nun ist Don José der Weg zurück versperrt, er muss mit der Bande in die Berge ziehen.

Dritter Akt

Das Lager der Schmuggler im Gebirge, die Felsenschlucht; dunkel und trüb.

Die Schmuggler wollen ihre Beute unbemerkt in die Stadt bringen. Carmen hat sich inzwischen von José abgewendet. Seine Versuche, sie zurückzugewinnen, bleiben erfolglos. Carmen, Mercédès und Frasquita befragen die Karten nach der Zukunft. Während diese ihren Freundinnen Glück verheißen, bedeuten sie für Carmen immer nur den Tod.

Dancaïro und Remendado kehren von einem Erkundungsgang zurück. Die Frauen sollen die Zöllner mit ihren Verführungskünsten ablenken, damit die Männer  einen Teil der Menschen über die Grenze bringen können. Daraufhin erwacht Josés Eifersucht erneut. Während die anderen sich auf den Weg in die Stadt machen, soll er die restlichen Menschen bewachen.

Micaëla erscheint in der Felsenschlucht. Sie ist auf der Suche nach Don José. Die unheimliche Gegend flößt ihr Angst ein. Als auch Escamillo erscheint, versteckt sie sich.

José trifft auf Escamillo, der von seiner Liebe zu Carmen berichtet und gerät mit ihm in eine kämpferische Auseinandersetzung. Carmen hindert José daran, den Torero zu töten. Daraufhin lädt Escamillo sie und alle ihre Gefährten zu seinem nächsten Stierkampf in die Arena von Sevilla ein. Der gedemütigte José warnt Carmen, doch diese bleibt unbeeindruckt.

Als die Schmuggler nach Sevilla aufbrechen wollen, wird Micaëla in ihrem Versteck entdeckt. José weigert sich, mit ihr zu seiner Mutter zurückzukehren. Als Micaëla ihm eröffnet, dass die Mutter im Sterben liege, ändert er seinen Entschluss. Düster prophezeit er Carmen ein baldiges Wiedersehen.

Vierter Akt

Ein Platz in Sevilla vor der Stierkampf-Arena.

Escamillo tritt mit großem Gefolge und Carmen an seiner Seite auf. Frasquitas Warnung vor dem eifersüchtigen José, der sich in der Menge versteckt hält, schlägt sie in den Wind. Alle ziehen in die Arena ein. Carmen bleibt mit José zurück.

José liebt Carmen immer noch, doch sie ihn nicht mehr. Deshalb weigert sie sich, zu ihm zurückzukehren und ein neues Leben mit ihm zu beginnen. Sie will an ihrer Freiheit festhalten und sich keinen fremden Willen aufzwingen lassen. Zur Bekräftigung ihrer Absicht wirft sie ihm den Ring, den er ihr einst schenkte, vor die Füße. Während in der Arena der Sieg Escamillos bejubelt wird, ersticht José Carmen. Verzweifelt bricht er über ihrer Leiche zusammen.

Als die Menge die Arena verlässt und die tote Carmen mit José sieht, gesteht dieser, seine über alles Geliebte getötet zu haben, und verlangt seine Verhaftung.

Zur Besetzung:

  • Carmen - Ileana Mateescu - sie sang die Premiere anstelle der erkrankten Katharina Peetz. Was für eine schöne und rassige Carmen! Eine ganz wunderbare Sängerin mit einer herrlich warmen Stimme, dazu ist sie eine tolle Darstellerin. Was mir an ihr so gefällt: sie ist immer Dame, egal, was sie macht, selbst in erotischen Szenen wird sie niemals billig oder ordinär, einfach fein und sinnlich. Das muss man auch erst mal hinbekommen! Ihre Darstellung hat mir sehr, sehr gefallen. Und sie konnte auch herrlich biestig und gemein sein. Eine klasse Besetzung!
  • Don José - Christoph Strehl - auf seinen José hatte ich mich schon ganz besonders gefreut. Er ist eine wirklich ideale Besetzung für diesen Menschen, der zerrissen ist zwischen Pflichtgefühl und der fruchtlosen Liebe zu einer Frau, die seiner Gefühle eigentlich nicht wert ist, und der zuletzt aufgrund der verlorenen Ehre einfach rot sieht und zum Mörder wird. Toll, wie er sie anfleht bei ihm zu bleiben und wie er dann zum Messer greift und sie tötet. Ein ganz wunderbarer Don José, darstellerisch wie bezüglich seines Gesangs. Er hat eine wunderschöne Stimme!
  • Zuniga - Christian Sist - egal, was er macht, es ist immer hervorragend, er holt auch aus einer kleinen Rolle alles heraus!
  • Moralés - Gerardo Garciacano - für ihn gilt das gleiche: keine große Partie, aber er wusste wie immer zu überzeugen!
  • Micaëla - Christiane Kohl - hinreißend und sehr berührend, einmal mehr zum Dahinschmelzen, wenn sie singt. Eine ganz, ganz wunderbare Künstlerin mit einer betörend schönen Stimme!
  • Escamillo - Morgan Moody - ach, was für ein wundervoller Escamillo, diese Rolle war mal wieder wie für ihn gemacht. Toll, wie er den Star herauskehrte und den Paparazzo dirigierte, damit er die "richtigen" Fotos machte. Solche Rollen sind ihm auf den Leib geschneidert. Und natürlich sang er die Partie großartig mit seinem tollen Bariton! 
  • Dancaïre - Stephan Boving - Ensemblemitglied der Komischen Oper Berlin. Hat mir auch sehr, sehr gut gefallen, er stellte die Rolle super dar und sang echt klasse!
  • Remendado - Fritz Steinbacher - auch er gefiel mir sehr gut.
  • Frasquita - Anke Briegel - höre ich immer gerne, sie hat so eine bezaubernde Stimme und eine wunderbare Art ihre Rollen zu interpretieren. Sie war mit der Perücke und der Ponyfrisur kaum wieder zu erkennen.
  • Mercédès - Aglaja Camphausen 
  • Lillas Pastia - Christina Groeneveld 
  • Ein Bergführer - Ralf Schulze
  • Musikalische Leitung - Gabriel Feltz - großartig!
  • Regie - Katharina Thoma - bewährt und klasse wie gewohnt!
  • Bühne - Julia Müer - wie immer: super!
  • Kostüme - Irina Bartels - passend ausgewählt, wie man es von ihr kennt!
  • Choreinstudierung - Granville Walker - wunderbar wie gewohnt!
  • Opern-Kinderchor - Zeljo Davutovic - ausgezeichnete Arbeit
  • Licht - Florian Franzen - sehr passend und gut
  • Dramaturgie - Georg Holzer

Am Ende gab es entsprechend viel Applaus, Bravo-Rufe und andere Formen des positiv gestimmten Ausdrucks und nicht ein einziges Buh. Geht doch! Ein wirklich wunderbarer Premierenabend. Ich habe gleich zwei weitere Vorstellungen gebucht.

Danke, liebes Ensemble, danke an alle Mitwirkenden!

 

23. Februar 2014, Tannhäuser von Richard Wagner - Dresdener Fassung 

Auch mein zweiter Tannhäuser ließ mich wieder schweben. Erneut beeindruckte mich die sängerische und darstellerische Leistung dieses wunderbaren Ensembles. Der Walther von der Vogelweide wurde heute von meinem Lieblings-Nemorino Lucian Krasznec  gesungen. Einmal mehr genoss ich seine wunderschöne Stimme und seine tolle Darstellung. Ein höchst vielseitiger Künstler! Aber es waren ja wieder ALLE feinste Sahne!

Es freute mich auch, dass heute ein besonders applaudier freudiges Publikum im Saal saß und die Leistung zu schätzen wusste. 

Und das alles wurde von Richard Wagners hinreißender Musik gekrönt. 

Ein toller, toller Opernabend!

 

12. April 2014, Der Graf von Luxemburg von Franz Léhar

Heute also mal wieder eine Operette. Ich hatte sie vor sehr langer Zeit schon mal gesehen, aber keinerlei Erinnerung mehr daran. Ich bin jetzt nicht DER Operettenfan, aber in Dortmund weiß man, dass es immer ein schöner Abend wird. Hier kann man das noch! 

Die Bühne war nach vorn in den Zuschauerraum vergrößert worden durch eine Art Laufsteg, den die Künstler in einigen Szenen benutzten. Man sieht zunächst einen bedruckten Vorhang, der das alte Paris zeigt, man hat das Gefühl wirklich dabei zu sein. Die Beleuchtung tut ihr übriges. Sehr gut und stimmungsvoll. 

Ein Poet fungiert als Conférencier bzw. auch mal als Kellner, Portier etc. und führt durch den Abend. Auf einen Fingerschnips seinerseits hin stoppt jeweils eine Szene, und es gibt eine Erklärung zum Geschehen.

Im ersten Akt sieht man das Atelier des Grafen von Luxemburg, René, es ist ein sehr schönes Atelier, alles ist rund gehalten. Staffeln und Bilder stehen herum, ein rotes Sofa, durch das Glas sieht man die Skyline von Paris, links sieht man durch die Glaswand schöne altmodische Türen. Es ist Karneval - super schöne Kostüme! - und der gute René, der sein ganzes Vermögen inzwischen verjubelt hat, tut aber so, als wäre dem gar nicht so. Dann erscheint ein russischer Baron mit einem Anliegen: für die stolze Summe von 500.000,00 Franc soll er pro forma heiraten. Er sei zu nichts verpflichtet, aber er würde seiner Angebeteten, einer Bürgerlichen, zu dem nötigen Titel verhelfen, damit sie ihn dann später heiraten könne. Nach drei Monaten würde dann die Scheidung vollzogen. René stimmt zu. Er würde zwar gerne wissen, wen er da heiratet, ebenso Angèle, aber sie dürfen sich nicht sehen, zwischen ihnen ist eine Leinwand, durch die sie sich die Hand für den Ringwechsel reichen müssen. Man trennt sich, René ist wieder zu Geld gekommen.  Er wird Stillschweigen über den Handel bewahren.

Szenenwechsel: Das Atelier ist jetzt DIE angesagte Adresse in Paris, und alles, was Rang und Namen hat, trifft sich dort. Angèle, die eine gefeierte Modedesignerin ist, stellt am vorletzten Tag ihrer Scheinehe ihre letzte Kollektion vor. Die Kulissen sind jetzt schon um einiges feiner in weiß-silber. René, der sich für die Zeit Baron Reval nennen muss, hat sich unter die Gäste gemischt. Angèle gefällt ihm sehr, sie ihm auf der anderen Seite auch. Man erfährt voneinander, dass man nur proforma verheiratet sei, nichts Verpflichtendes. Er findet ihren Handschuh, und anhand des Parfums wird er stutzig, er kennt es, ebenso, dass es eine zierliche Hand damals war, an die er den Ring gesteckt hatte.  Der Baron ist durch Renés unverhofftes Auftauchen leicht nervös und verkündet den Gästen seine Verlobung mit Angèle. Angèle liebt den Baron nicht und sagt es ihm auch. Nun erzählt der Baron den Gästen spöttisch die Geschichte der beiden, und man macht sich über den "Heiratsgrafen" lustig. Dieser ist verletzt durch Angèles Äußerungen und sagt ihr sie solle es ihm ruhig ins Gesicht sagen, dem Heiratsgrafen, dass sie ihn verachte, er stünde vor ihr. Sie ist geschockt, seine Freunde ebenfalls, zumal sie wissen, dass er sie wirklich liebt. Er sagt ihr empört, dass sie einander wohl nichts vorzuwerfen hätten, denn sie habe ihn ja ihrerseits auch nur aus Berechnung geheiratet, um hernach frei zu sein für eine Hochzeit mit einem Mann mit einem höheren Adelsrang. Dem muss sie beschämt zustimmen. Die Scheidung wird auf Eis gelegt, und man vereinbart, sich in drei weiteren Monaten wieder zu treffen.

Nach den drei Monaten, inzwischen ist aus dem Atelier ein Luxushotel geworden, bei dem man sich nicht mal das Trinkgeld für den Pagen leisten kann, trifft man sich wieder. Auch eine alte russische Adelige von derber Natur und herbem Humor, trinkfreudig und Zigarren rauchend, erscheint im Hotel. Sie will den russischen Baron, der ihr die Ehe versprochen hat, mit ihrem Besuch überraschen. Angèle und René lieben einander, sind aber an den Schwur, den sie dem Baron gegenüber geleistet haben, in einer nicht so schönen Lage. Die beiden erfahren von der alten Dame, was der Baron für ein Betrüger ist und konfrontieren ihn damit. Er muss schweren Herzens den Schwur zurückgeben und die alte Dame heiraten. 

Angèle und René bekommen sich natürlich.

Am Ende ist aus dem Grand Hotel eine Bank geworden....

Ein spritziger, witziger Abend, mit einem überaus bezaubernden Bühnenbild und wunderschönen Kostümen. SO muss Operette einfach sein. 

Die Musik selber riss mich nicht vom Hocker, da habe ich weitaus bessere Operetten gehört. Aber das spielfreudige Ensemble und die tolle Inszenierung machten das wieder wett.

Hier die Besetzung:

  • René, Graf von Luxemburg - Lucian Krasznec - hinreißend wie immer. Diese Rolle war absolut perfekt für ihn, ein super gute Darsteller, und er sang, das muss man sagen, am schönsten. Er kann singen, was er will, es ist immer perfekt. Wie immer: Note 1
  • Angèle Didier, Modedsignerin - Julia Amos - sie gab eine wirklich wunderbare Dame der Gesellschaft und war unglaublich schick angezogen. Klasse. Ich höre sie aber lieber Opern singen, da klingt ihre Stimme viel schöner.
  • Armand Brissard, Maler - Fritz Steinbacher - sehr angenehmer Darsteller, gefiel mir ausgezeichnet
  • Juliette Vermont, seine Freundin - Mirella Hagen - erste Sahne in jeder Hinsicht
  • Fürst Basil Basilowitsch - Ks. Hannes Brock - eine Rolle, wie für ihn gemacht. Klasse, wirklich klasse
  • Gräfin Stasa Kokozow - Johanna Schoppa - herrlich wie sie dieses derbe Weib herüberbrachte. Die Strophen ihres Liedes waren dem Ruhrgebiet und Dortmund angepasst, dabei erfuhr das Publikum dann auch, dass Dortmund in München 3:0 gesiegt hatte, und wie es es schaffte, dass die Zuschauer brav den Refrain mitsangen. Eine echt Vollblutkünstlerin. Toll, große Klasse
  • Sergei Mentschikoff, Notar - Primož Vidovič 
  • Pélégrin, Munizipalbeamter - Thomas Günzler
  • Pawel von Pawlowitsch, russischer Botschaftsrat - Thomas Warschun
  • Boulanger - Carl Kaiser
  • Saville - Ralf Schulze
  • Poet, Conferencier, Kellner, Portier  etc. - Thomas Pohn - richtig klasse wie er durch das Programm führte
  • Musikalische Leitung - Motonori Kobayashi - ein toller Dirigent und toll wie er am Ende noch das Orchester (super wie immer) und das Ensemble zu einer kleinen Zugabe animierte
  • Inszenierung - Thomas Enzinger
  • Bühne und Kostüme - Toto
  • Choreografie - Markus Buehlmann
  • Choreinstudierung - Granville Walker
  • Licht - Stefan Schmidt

Wir haben diesen Abend wirklich sehr genossen.

 

21. April 2014, Carmen von Georges Bizet

Heute habe ich mir diese schöne Oper mit meiner Mama angesehen. Sie war genauso angetan wie ich. Diese Inszenierung und das tolle Ensemble lohnen mehrere Besuche. Es gab zwei neue Besetzungen: 

Dancairo wurde gesungen von Ks. Hannes Brock. Er sah herrlich verwegen aus. Nach wie vor ist dieser Künstler ein Garant für Erfolg und sehr vielseitig einsetzbar. Auch diese Rolle spielte und sang er klasse wie gewohnt. 

Micaëla wurde gesungen von der wunderbaren Julia Amos. Sie legte die Rolle ganz anders an als Christiane Kohl, was mir ebenfalls ausnehmend gut gefiel. Wenn sie Oper singt, klingt ihre schöne Stimme viel schöner als bei Operetten!

Alle anderen waren so hinreißend und wunderbar wie bei der Premiere. 

Ein schöner Abschluss des Ostertages. 

 

27. April 2014, Die Jahreszeiten von Joseph Haydn - Premiere 

Dieses Oratorium wurde heute zum ersten Mal überhaupt  in Szene gesetzt, und zwar als bunter Bilderbogen "100 Jahre Deutschland". Es begann im Winter nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Man sieht Trümmer in Form von Schnee bedeckten Bänken (die immer wieder zum Einsatz kamen mit immer passenden weiteren Requisiten).  Der Frühling steht für den Wiederaufbau nach dem Krieg. Die Überlebenden begrüßen ihre amerikanischen Befreier und lernen unter deren Anleitung die Demokratie, die Bundesrepublik wird gegründet, man sieht den Bundesadler. Der Sommer steht für das Wirtschaftswunder, man sieht glühende Hochöfen, die ersten Fernsehgeräte, es werden wieder Kinder geboren. Der Herbst ist dann die Zeit der Kohl-Jahre, man lehnt sich zurück und ruht sich auf den Lorbeeren aus, es wird viel gegessen und getrunken, aber auch Ressentiments gegen Fremde werden nicht verschwiegen. Im Winter dann ist Deutschland überaltert, man sieht ein Altenheim und Pfleger. Wie wird die Zukunft sein? Das muss man halt abwarten. Wir werden es erleben.

Die Bühne war schlicht mit einem Holzkonstrukt als "Haus Deutschland", hinten waren geriffelte Glasbausteine. Und das reichte mit den entsprechenden tollen Lichteffekten auch vollkommen aus. Die Kostüme waren überaus passend, die Kostümbildnerin musste sich viel Zeit genommen haben, um alles ordentlich und historisch genau darzustellen. Das war auf der ganzen Linie gelungen. Klasse! Der Chor war wie immer grandios, auch darstellerisch, ebenso die Statisterie.

Sicher gefiel das nicht jedem, und es gingen auch Zuschauer empört nach Hause. Einige Buhs gab es auch, aber ich hatte wieder viele Mitstreiter mit Bravo-Gegenrufen. Diejenigen, die geblieben waren, und das waren ja die meisten, hatten einen super tollen und sehr spannenden Abend. Man sparte nicht mit Applaus, Bravorufen und stehenden Ovationen. Ich kann einen Besuch nur empfehlen! 

Die Besetzung:

  • Simon - Morgan Moody - er gab u. a.  die verschiedenen Politiker und führte durch die Szenen, war sozusagen der Motor. Er war wie immer hinreißend, sang super, super schön und zeigte einmal mehr, was er für ein klasse Schauspieler er ist
  • Hanne - Anke Briegel - hatte den weiblichen Part übernommen und war mal Ehefrau, Weinkönigin, Krankenpflegerin, um nur einige zu nennen. Ihre glockenreinen Stimme kam wieder wunderbar zur Geltung, und sie stellte die diversen Partien hinreißend dar
  • Lukas - Lucien Krasznec - übernahm die anderen Partien wie Vorarbeiter, liebender Ehemann, Büroarbeiter etc. Sein toller Tenor klang hinreißend warm und wunderschön, und er ist ja auch bekanntermaßen ein super toller Schauspieler, wie ja überhaupt alle drei überaus begnadeter Darsteller und Sänger sind 
  • Musikalische Leitung - Philipp Armbruster
  • Regie - Jens-Daniel Herzog
  • Bühne - Mathis Neidhardt
  • Kostüme - Sibylle Gädeke
  • Chor - Granville Walker
  • Choreografische Mitarbeit - Michael Schmieder
  • Licht - Ralph Jürgens
  • Dramaturgie - Hans-Peter Frings, Georg Holzer

Ich hatte mir hier nichts vorstellen können, war dann aber sehr positiv überrascht. Ein wunderbarer Abend mit hinreißend schöner Musik, den ich auf jeden Fall wiederholen werde.

 

30. April 2014, La Cenerentola von Gioacchino Rossini

Diese Oper hatte ich vor Urzeiten mal gesehen, und nun heute in Dortmund. Ich muss sagen, eine überaus bezaubernde Inszenierung mit einem wirklich wunderschönen Bühnenbild:

Man sieht links und rechts jeweils eine Häuserfront mit Nischen und Türen, aus denen die vorbereiteten Kulissen herausgefahren wurden, zum Beispiel ein Weinkeller, das Schlafgemach des Prinzen und seines Dieners, rechts aus einer Luke kam Angelina immer heraus, hinten eine Treppe, der Bühnenboden war mit "Gras" bedeckt. Die Kostüme waren wirklich richtig schön der damaligen Zeit angepasst, man trug Perücken (Don Magnifico, seine Töchter und Alidoro). Das war alles was fürs Auge. Angelina war entsprechend schäbig grau in grau gekleidet mit Kniestrümpfen, Schürze, Kopftuch, derben Schuhen.

Kurz zur Handlung, die ja so viel anders als das Märchen nicht ist:

Angelina, das Aschenputtel, lebt mit ihrem Stiefvater Don Magnifico und ihren Stiefschwestern Clorinda und Tisbe in einem Haus. Sie behandeln sie äußerst schlecht und triezen sie bei jeder Gelegenheit. Grund: Don Magnifico hat ihr Erbe verschleudert, um seinen Töchtern eine angemessene Ausstattung zukommen zu lassen, damit sie gut unter die Haube kommen sollten.

Don Ramiro, der Prinz, ist auf Brautschau und kommt mit seinem Gefolge nebst Diener Dandini und seinem Lehrer Alidoro zu Don Magnifico; die Damen werden zu einem Ball eingeladen, bei dem er dann seine Braut auswählen möchte. Dies führt natürlich zu Aufregung bei der Damenwelt. Don Ramiro will aber nicht aus Staatsraison heiraten müssen, er will aus Liebe heiraten und benutzt einen Trick herauszufinden, wie es um den Charakter der Damen bestellt ist. Alidoro gibt vorab vor ein Bettler zu sein. Als er um eine milde Gabe bittet, weisen Ihnen Clorinda und Tisbe schroff ab, Angelina aber gibt ihm etwas zu essen. Er sagt ihr, dass sie dafür reich belohnt würde.

Don Ramiro und Dandini tauschen die Rollen, so kann Don Ramiro gut getarnt selber Charakterforschung betreiben. Er trifft zunächst auf Angelina und verliebt sich in sie, ihr geht es ebenso. Als Angelina ihren Stiefvater bittet sie doch mit zum Ball zu nehmen, weist dieser sie böse ab, Prinz, Diener und Alidoro bekommen das mit und sind empört. Außerdem hat Alidoro herausgefunden, dass es eine dritte Tochter gibt. Frech behauptet Don Magnifico im Beisein Angelinas sie sei gestorben, was sie entsetzt dementiert.

Als alle entschwinden, verspricht Alidoro Angelina, dass ihre Leidenszeit bald zu Ende sei, er zieht nämlich im Hintergrund geschickt die Fäden. Er hat auch längst bemerkt, dass der Prinz sie liebt und sie ihn, dass sie zueinander gehören. Als sich alle für den Ball zurecht machen, besorgt er Angelina feine Kleider und nimmt sie mit zum Ball. Dort stellt er sie als unbekannte Dame vor. Ihre Familie ist entsetzt, glaubt sie doch das Aschenputtel zu erkennen.

Als der Prinz, als Diener verkleidet, den Damen einen Antrag macht, weisen sie ihn ab, er habe ja ein Dutzendgesicht und sei unter ihrer Würde. Den vermeintlichen Prinzen (Dandini) hätten sie natürlich sehr gerne. Als der "Prinz" Angelina einen Antrag macht, weist sie ihn höflich ab mit dem Bemerken sie liebe seinen Diener. Geld und Ruhm seien ihr egal, sie wünsche sich nur einen Mann, der sie liebe, respektiere und gütig sei. Daraufhin macht der verkleidete Prinz ihr einen Antrag. Sie weist auch ihn zunächst freundlich ab. Er solle sie in ihrem wahren Umfeld suchen. Sollte er sie dann immer noch lieben, nähme sie seinen Antrag an. Dann gibt sie ihm einen ihrer zwei Armspangen. Er würde sie an dem anderen Armreifen erkennen.

Dann verlässt sie den Ball und schlüpft wieder in ihre alte Rolle. Der Prinz will sofort handeln, tauscht mit Dandini die Rollen und macht sich auf den Weg, um Angelina zu finden. Derweil macht Dandini dem Baron genüsslich klar, dass er nur der Diener sei, was dieser und seine Töchter mit Entsetzen und Zorn aufnehmen. Hatte doch Don Magnifico sich schon ganz oben gewähnt und davon geträumt wie er Bittsteller künftig behandeln würde. Hilfe nur gegen Bares...

Der Prinz erscheint mit Gefolge und findet seine Angelina, als sie mal wieder von ihrer Sippe fertig gemacht wird. Er macht ihr vor allen einen erneuten Antrag. Die anderen weist er bitter böse zurecht. Angelina bittet ihn, den anderen zu verzeihen, die Güte solle doch siegen. Natürlich wird das von ihren fiesen Schwestern als Heuchelei abgetan. Mürrisch machen sie sich für die Hochzeit zurecht. Als Don Magnifico  ihn darauf hinweist, dass seine Töchter vom Stand her gewiss besser für ihn seien, konfrontiert er sie mit ihren Beleidigungen ihm gegenüber als sie ihn für den Diener hielten. Man ist zutiefst beschämt. Dann erscheint Angelina als wunderschöne Braut. Am Ende schafft sie es ihre Sippe mit sich zu versöhnen, man fügt sich in die neue Rolle. Das Schlusswort hat Alidoro, der sich höchst zufrieden zeigt, dass die Güte am Ende gesiegt habe und zwei Menschen zueinander fanden, die einander aufrichtig lieben, denen Ruhm und Ehre gleichgültig sind.

Die Besetzung:

  • Don Ramiro, der Prinz - John Zuckerman - seine Darstellung war sehr berührend, ein richtig lieber Prinz mit Sinn für Gerechtigkeit, der einfach aus Liebe heiraten will und keine zickige Prinzessin aus "gutem Hause". Er erkennt den warmherzigen Charakter Angelinas. Er sang die Rolle ausgezeichnet mit seinem schönen und warmen Tenor. Sehr, sehr gut
  • Dandini, sein Diener - Gerardo Garciacano - hinreißend wie immer! Sein komödiantisches Talent kam toll zur Geltung. Er spielte seine Rollen super, super gut. Und dazu dann diese schöne Stimme. Ein Genuss
  • Don Mangnifico, Baron - Eugenio Leggiadri Gallani - was für ein toller Künstler! Er war die absolute Idealbesetzung dieser Rolle, darstellerisch wie stimmlich! Klasse
  • Clorinda, seine Tochter - Julia Amos (stimmlich leider indisponiert) - darstellerisch erste Sahne. Hätte nicht gedacht, dass diese liebe, charmante junge Dame dermaßen fies und zickig sein kann! Kompliment, das war echt super
  • Gesang - Evmorfia Metaxaki - sie sang die Rolle von der Seite - eine hinreißend schöne Stimme, da saß wirklich jeder Ton. Super toll, möchte man gerne mehr von hören! Danke fürs Einspringen
  • Tisbe, die andere Tochter - Inga Schäfer - gefiel mir auch sehr gut, stimmlich wie darstellerisch
  • Angelina, seine Stieftochter - Ileana Mateescu - ach, was für eine bezaubernde Angelina! Sie berührte mich zutiefst, ich habe so mit ihr gefühlt und mich mit ihr gefreut, als sie am Ende ihren Prinzen bekam, die Güte und Gerechtigkeit letztendlich siegten. Eine äußerst glaubhafte Darstellung, und sie sang das alles so wunderschön. Ich mag sie ausgesprochen gern, sie überzeugt mich immer, egal, was sie macht
  • Alidoro, Lehrer des Prinzen - Christian Sist - ein wunderbarer Künstler und Darsteller! Toll wie er die Rolle anlegte und sang. Er war ein so angenehmer, weiser und gütiger Lenker des Schicksals. Man war geneigt ihn dafür zum Dank zu umarmen! Richtig klasse, wie immer
  • Musikalische Leitung - Philipp Armbruster
  • Inszenierung - Erik Petersen
  • Bühne und Kostüme - Tatjana Ivschina
  • Choreografische Mitarbeit - Adriana Nadolni
  • Chor - Granville Walker
  • Licht - Florian Franzen
  • Dramaturgie - Wiebke Hetmanek

weitere Mitwirkende:

  • Dortmunder Philharmoniker
  • Hammerklavier - Sujin Jung
  • Herrenchor des Theaters Dortmund
  • Statisterie des Theaters Dortmund

Es war eine hinreißend schöne Aufführung in allen Belangen. Ein großes Lob und Respekt für die Sänger: Rossini verlangt ihnen extrem viel ab, und sie meisterten es mit Bravour! 

 

17. Mai 2014, Die Entführung aus dem Serail von Wolfgang Amadeus Mozart - Premiere 

Ich bin nicht der große Mozartfan und dieses Stück mag ich eigentlich überhaupt nicht. Aber dem tollen Dortmunder Ensemble und einer Produktion von Jens-Daniel Herzog konnte ich dann doch nicht widerstehen und wurde selbstredend nicht enttäuscht!

Als der Vorhang sich hob, war mein erster Gedanke: "was für ein tolles Bühnenbild!" Die Handlung war ins Heute transportiert worden, also nix mit trutschiger Romantik, nein, es war sehr realisisch den Verhältnissen der heutigen Zeit angepasst. Das mag manchem nicht gefallen, und Zuschauer, die nur alle Jubeljahre mal ein Opernhaus besuchen, möchten verständlicherweise traditionelle Inszenierungen sehen. Verstehe ich ja durchaus, aber "Vielgänger", zu denen ich zähle, wird das irgendwann nur noch langweilig, und man freut sich auf frische, neue Ideen, die dem Opernvergnügen keinen Abbruch tun müssen (wiewohl ich auch nicht alles mag).

Man hatte einen Hinterhof originalgetreu nachgebaut. Da fehlten auch nicht die Balkone, die türkische Flagge, man sah einen Hinter- und Vordereingang, das Gebäude war hell geklinkert, unten war eine Dönerbude, in welcher Blonde und Pedrillo arbeiteten, oben das Büro des Bassa Selim, in welchem Konstanze tätig war, auch fehlte nicht der Platz für ein Fahrrad. Man stellte Tische und Stühle heraus, um draußen im Hinterhof was zu trinken und sich zu unterhalten. 

Viele türkische Mitbürger waren dem Aufruf gefolgt und hatten sich gekonnt als Statisten zur Verfügung gestellt. Hier waren also mal die "anderen" die Gastarbeiter, die man nicht mochte und nicht nett behandelte. Besonders Osmin war sehr streng und fremdenfeindlich eingestellt.

Die Kostüme waren ebenfalls sehr stimmig und passend zu der modernen Inszenierung: der Bassa war höchst kultiviert und sehr schick gekleidet in einem hellblauen glänzenden Anzug, Konstanze in einem hellen Kostüm mit roter Bluse, Blonde jung und leger gekleidet, ebenso Belmonte - schwarze Jeans, grünes T-Shirt und Lederjacke, Pesdrillo hatte Jeans und Unterhemd an, und Osmin war ein typischer Aufseher mit klassischer türkischer Kopfbedeckung, Bart, dazu trug einen grauen Anzug, weißes Hemd, Krawatte und eine dunkelrote Weste - richtig schön spießig. 

Konstanze ist dem Bassa sogar recht zugetan, er ist eigentlich ja auch sehr nett und lässt ihr viele Freiheiten, aber er fordert Gehorsam, dennoch zieht sie ihm Belmonte vor. Und Osmin begreift einfach nicht, dass Blonde nicht bereit ist ihre Freiheit aufzugeben. Da prallen eben zwei Welten aufeinander.

Das Hauptaugenmerk lag dann auf den beiden Dreiecksbeziehungen: Konstanze zwischen dem Bassa und Belmonte, Blonde zwischen Pedrillo und Osmin. Am Ende war auch eine Entführung nicht wirklich notwendig, wiewohl sie versucht wurde und scheiterte wie im Original, aber der Bassa wirft sie am Ende raus mit den Worten "wen man nicht mit Wohltaten halten kann, den soll man sich vom Halse schaffen". Er ist sehr verbittert darüber, Konstanze zu verlieren, und letztendlich erschießt er sich in seinem Büro.

Es war eine in allen Punkten stimmige Inszenierung, und wenn die Presse heute früh schrieb, es habe was gefehlt, dann mag das stimmen, mir fiel das nicht auf, da ich das Stück nur einmal in grauer Vorzeit gesehen hatte, und es mir eigentlich auch egal war. So wie es in Dortmund gezeigt wurde, war es toll und gefiel mir sehr. Da war wieder einmal ganze Arbeit geleistet worden, weil alles zusammen passte.

Am Ende gab es kein einziges Buh, somit hatte es den Zuschauern ja auch gefallen. Der Applaus war entsprechend toll ausgefallen. 

Die Besetzung:

  • Bassa Selim - Serdar Somuncu - eine Sprechrolle. Diese war mit diesem netten und sympathischen Schauspieler richtig, richtig klasse besetzt. Schön, dass man auf diese Weise mal auf so einen tollen Schaupieler, dem man bislang nicht kannte, aufmerksam gemacht wurde
  • Konstanze - Eleonore Marguerre - sie war bezaubernd wie immer und sang diese mörderische Partie hinreißend und super gut, auch darstellerisch überzeugte sie natürlich auch wie immer
  • Belmonte - Lucien Krasznec - ein liebenswerter, sinnlos eifersüchtiger, Belmonte mit betörend schöner Stimme und wunderbarer Darstellung
  • Osmin - Wen Wei Zhang - gab einen richtig, richtig klasse Osmin. Einerseits sittenstreng bis zum Abwinken, dann aber baggert er Blonde sabbernd an (ist eben auch nur ein Mann ...), und betrunken war dieser Osmin dann schon richtig sympathisch. Die Maske hatte ganze Arbeit geleistet
  • Blonde - Tamara Weimerich - auch sie überzeugte mich einmal mehr durch ihren wunderbaren Gesang und ihre Darstellung
  • Pedrillo - Fritz Steinbacher - er agierte am stärksten, musste am meisten einstecken und überzeugte mich total. Er hat eine echt schöne Stimme und ist auch ein toller Darsteller
  • Musikalische Leitung - Motonori Kobayashi 
  • Regie - Jens-Daniel Herzog
  • Bühne und Kostüme -  Mathis Neidhardt
  • Choreinstudierung - Granville Walker
  • Dramaturgie - Hans-Peter Frings, Georg Holzer

 

Hier trotzdem mal nachstehend der (klassische) Inhalt: (Quelle Wikipedia)

Konstanze, eine junge Spanierin, ihre englische Zofe Blonde und deren Freund, der Diener Pedrillo, sind nach einem Seeräuberüberfall von Konstanzes Verlobtem, dem spanischen Edelmann Belmonte, getrennt und auf einen Sklavenmarkt verschleppt worden. Glücklicherweise kauft sie Bassa Selim, ein gebürtiger Spanier, einst Christ und jetzt Moslem, und sorgt dafür, dass sie in seinem am Meer gelegenen Palast unter halbwegs erträglichen Bedingungen leben können. Belmonte hat nach Monaten einen Brief seines Dieners Pedrillo erhalten und kennt nun den Aufenthaltsort der Vermissten. Er segelt zu der von Pedrillo bezeichneten Küste, entschlossen, die Entführten zu retten.

Erster Akt

Belmonte sucht seine Verlobte Konstanze (Arie: „Hier soll ich dich denn sehen"). Osmin, Selims Diener, betritt den Garten, um Feigen zu pflücken. Obwohl er von Belmonte mehrfach angesprochen wird, ignoriert er ihn vollständig (Arie: „Wer ein Liebchen hat gefunden“). Belmonte bedrängt ihn wegen Informationen (Duett: „Verwünscht seist du samt deinem Liede!“). Osmin ist verärgert (Arie: „Solche hergelaufne Laffen“). Nachdem Osmin gegangen ist, trifft Belmonte auf Pedrillo und sie planen, die beiden Frauen zu befreien (Arie: „Konstanze, dich wiederzusehen“).

Von einem Janitschenchor begleitet („Singt dem großen Bassa Lieder“) tritt Selim mit Konstanze auf, um deren Liebe er vergebens wirbt; sie eröffnet ihm, dass ihr Herz bereits vergeben ist (Arie der Konstanze: „Ach ich liebte, war so glücklich“). Auf Pedrillos Anraten stellt Selim Belmonte als Baumeister ein, aber Osmin verweigert ihm den Zutritt zum Palast immer noch (Terzett: „Marsch! Trollt euch fort!“).

Zweiter Akt

Blonde weist die rüden Annäherungsversuche Osmins zurück (Arie: „Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln“). Nach einem Duett („Ich gehe, doch rate ich dir“) lässt Osmin schließlich von ihr ab. Blonde versucht, Konstanze in ihrem Kummer zu trösten (Rezitativ und Arie: „Welcher Wechsel herrscht in meiner Seele“ – „Traurigkeit ward mir zum Lose“). Als Bassa Selim ihre Liebe einfordert und ihr Gewalt androht, trotzt sie ihm und wünscht sich den Tod (Arie: „Martern aller Arten“).

Pedrillo informiert Blonde, die seine Geliebte ist, dass Belmonte in der Nähe und alles für die Flucht vorbereitet sei. Blonde ist voller Freude (Arie: „Welche Wonne, welche Lust“). Pedrillo lädt Osmin zu einer Flasche Wein ein in der Hoffnung, ihn betrunken machen zu können (Arie: „Frisch zum Kampfe, frisch zum Streite“ und Duett: „Vivat Bacchus! Bacchus lebe!“). Mit diesem Plan gelingt es ihm, Osmin aus dem Weg zu räumen, sodass Belmonte seine geliebte Konstanze treffen kann (Quartett, Belmonte, Konstanze, Pedrillo, Blonde: „Ach, Belmonte! Ach, mein Leben“). Die beiden Paare finden wieder zueinander und planen die Flucht.

Dritter Akt

Belmonte und Pedrillo wollen die Befreiungsaktion starten (Arie, Belmonte: „Ich baue ganz auf deine Stärke“; Romanze, Pedrillo: „In Mohrenland gefangen war“). Belmonte kann zunächst mit Konstanze fliehen, doch als Pedrillo und Blonde ihnen folgen wollen, werden sie von Osmin gefasst (Arie: „Ha, wie will ich triumphieren“); Belmonte und Konstanze werden ebenfalls zurück in den Garten gebracht. Bassa Selim, der in Belmonte den Sohn seines Todfeindes erkennt, will sie zum Tode verurteilen. Konstanze und Belmonte nehmen Abschied vom Leben (Duett: „Welch ein Geschick! O Qual der Seele“). Der Bassa zeigt sich aber großmütig und schenkt den Liebenden mit der Begründung, es wäre ein weit größeres Vergnügen eine erlittene Ungerechtigkeit durch Wohltaten zu vergelten als Laster mit Lastern zu tilgen, die Freiheit – zur Bestürzung von Osmin, der eine grausame Hinrichtung vorgezogen hätte (Finale: „Nie werd' ich deine Huld verkennen“; darin: „Erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf heiße Stangen“).

 

18. Mai 2014, Die Jahreszeiten von Joseph Haydn 

Habe mir heute nun zum zweiten Mal diesen Genuss gegönnt und war erneut total angetan. Der Lukas wurde heute gesungen von John Zuckerman, der mir auch sehr gefiel. Echt schade, dass dies vom Publikum nicht wirklich akzeptiert und angenommen wird. Die, die hingehen, sind jedes Mal begeistert. 

 

15. Juni 2014, La Cenerentola von Gioacchino Rossini

Diese schöne Produktion verdient es, mehrfach angesehen zu werden, allein schon wegen des super Ensembles. In der heutigen Vorstellung sang Geani Brad den Dandini, und das sehr gut und überzeugend. 

Uns - heute begleitete mich mal wieder meine Mama - hat es super gut gefallen, und wir bekamen erneut einen tollen Opernabend geboten.

 

05. Juli Carmen von Georges Bizet - Saisonende

Zum Ende der Saison in Dortmund also noch einmal die tolle Carmen-Produktion. Ein ausverkauftes Haus sorgte für eine super Stimmung, das Ensemble war spitze wie immer - was für eine Wohltat nach der Carmen in Essen... - Ileana Mateescu - war etwas indisponiert gemeldet durch eine plötzlich aufgetreten Mandelentzündung, aber davon merkte man als Zuschauer überhaupt nichts.

Am Ende gab es Goldflitter aus Konfettikanonen - ein schöner Einfall!

Leider müssen wir auch Abschied nehmen von zwei ganz wunderbaren Künstlern: Anke Briegel geht nach Kopenhagen, Wen Wei Zhang nach Wien. Ich wünsche beiden an den neuen Wirkungsstätten viel, viel Glück und Erfolg. Hoffentlich kommen sie mal als Gäste wieder!

Dann sage ich mal wieder danke an alle Verantwortlichen für diese super, super schöne Saison mit wunderbaren Opernmomenten. 

Ich wünsche einen schönen Sommer, tolle Ferien und freue mich auf ein gesundes Wiedersehen am 13. September!