Die USA ...
... standen schon lange auf meiner Liste. Und so fuhr ich mit einer Freundin im März 1999 nach Washington. Statt Frühling empfing uns tiefster Winter mit eisigem Wind. Das wussten wir aber vorher. Wir stellten uns entsprechend darauf ein und wussten die 3 Wochen zu geniessen.
15. und 18. März 1999, Sly in der Washington Opera
Diese Oper kannte ich noch gar nicht, hatte nicht einmal von ihr gehört, aber mit José ging ich dieses Experiment gerne ein. Es ist eher ein Märchen, die Musik ist etwas ungewöhnlich, aber Josés wunderbare Interpretation und sein Gesang trugen mich durch den Abend. Es muss ja nicht immer Puccini sein....
Hier mal die Handlung:
Sly ist ein Poet, der als solcher nur von seinen Genossen verstanden in der Taverne „Zum Falken“ lebt. Eines Abends trifft dort eine Dame namens Dolly, die Geliebte des Grafen von Westmoreland, mitsamt Grafen und dessen Freunden ein, die allein der Dame zuliebe mit Unbehagen ob dieser unfeinen Umgebung bleiben. Dolly will hier einmal der strengen Etikette entkommen und sich den Freuden angenehmen und freien Lebens hingeben.
Nach einer Weile stimmt Sly das lustige „Bärenlied“ an, jedoch gefolgt von einem klagendem Gefühlsausbruch, wie er an seinem erbärmlichen Dasein leide und sich nach Glück und Liebe sehne, woraufhin er wie im Rausch zu Boden fällt und ohnmächtig wird.
Westmoreland bringt Sly infolgedessen auf sein Schloss und weist allen dort an, mit Sly bei dessen Erwachen wie mit einem großen, mächtigen und edlen Herren umzugehen. Als dieser dann munter wird, denkt er zunächst, immer noch zu träumen, doch wird ihm erzählt, er sei soeben von einer zehn Jahre währenden Krankheit geheilt, in deren Verlauf er der Illusion verfallen sei, der Dichter Sly zu sein, was er schließlich glaubt. Er begegnet Dolly, die angeblich zehn Jahre lang als Gattin um ihn gebetet hätte. Sie spielt die Rolle anfangs noch ziemlich gut, geht aber bald zu wahrer Liebe mit Sly über, auf die sich auch er einlässt. Der Graf hat nun genug von dem Possenspiel und lässt die im Hintergrund bestehenden Vorhänge öffnen, wohinter nun zahlreiche Edelleute zu klatschen und zu auslachen beginnen. Westmoreland lässt anschließend Sly seiner Dolly entreißen und in den Weinkeller werfen.
Nach einiger Zeit des Schlafens wacht Sly auf und denkt zuerst an Dolly, wird aber sogleich durch den Blick auf seine lumpige Kleidung wieder an sein armseliges Leben erinnert. Verzweifelt und hoffnungslos nimmt er sich eine Weinflasche, zerbirst sie, ergreift einen Scherben und öffnet sich damit die Pulsadern. Dolly kommt in den Keller und will ihm sagen, dass sie gerne mit ihm zusammen flüchten wolle, um anderswo ein neues Leben in zärtlicher Liebe und Gemeinsamkeit beginnen zu können. Sly ist aber so geschwächt, dass er nur noch mit aller Mühe die Arme wie zur Umarmung heben kann. Dolly sieht daraufhin all das Blut und begreift. Sie stürzt sich aufschreiend über den toten Sly.
Außerdem nahmen wir die Gelegenheit wahr, uns neben zweimal "Sly" auch noch "Boris Godunow" mit Samuel Ramey anzusehen, was auch ein großartiges Erlebnis war. Die klassische Inszenierung, die wunderschöne Musik und ein glänzend aufgelegter Samuel Ramey bescherten uns einen weiteren tollen Opernabend.
Wir verbrachten eine tolle Zeit in den Staaten. Diese Reise bildete dann den Schlusspunkt unter meine 10 Jahre dauernde "Reisebegleitung" zu den vielen Live-Auftritten von José Carreras, die mich durch einige Länder dieser schönen Erde führte. Ich hatte so vieles gesehen und befand, dass nun ein Punkt gesetzt werden sollte. In der Zeit habe ich, offen gestanden, mein Umfeld, sprich Familie und Freunde, arg vernachlässigt. Niemand hat es mir übel genommen, mein Mann hat mich immer unterstützt. Dafür kann ich ihm nur nochmals sehr herzlich danken, dass es mir, auch durch sein Zutun, so lange ermöglicht wurde, diese Reisen zu machen.
Ich habe keine Mark, Pfund, Lire, Schilling, Peseta, Gulden, Dollar, Krone, Franken und Franc jemals bereut. Es war einfach eine unglaublich tolle Zeit, die ich niemals vergessen werde und nicht missen möchte. Gerne stöbere ich von Zeit zu Zeit in meinen zahlreichen Ordnern, die mit so vielen schönen Erinnerungen gefüllt sind. Diese Zeitreise war auch für mich sehr spannend, in einigen Fällen wusste ich gar nicht mehr, dass ich das Event überhaupt erlebt hatte.
Auch nach dem Ende meiner Reisen habe ich seine Karriere weiter verfolgt, mir CDs gekauft, und jetzt vor Kurzem sein neuestes Buch „aus vollem Herzen - über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik ". José wird immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen inne haben. Er ist und bleibt für mich der beste Tenor mit der schönsten Stimme, die ich jemals gehört habe!
Der Oper bleibe ich verbunden solange ich lebe, denn sie ist nun einmal meine Passion!