Ruhrfestspiele 2012

 

05. Mai 2012, Der Revisor von Nikolai Gogol

Habe mir heute also "Der Revisor" von Niolai Gogol angesehen. Die Kritiken waren nicht sehr gut, aber ich habe mir den Nachmittag nicht verderben lassen. Sicher hat der Schreiber etwas anderes erwartet als er bekommen hat. Das kommt bekanntlich vor, ist mir bei zahlreichen Opern auch schon so gegangen.

Nun, mir gefiel diese Komödie sehr. Es war schon zum Schieflachen, wie sehr all die korrupten Herrschaften dem vermeintlichen Revisor huldigten, um dann am Ende feststellen zu müssen, er hatte die Situation genossen und schlicht ausgenutzt zu seinem Vorteil. Und so sahen am Ende alle ziemlich alt aus.

Die Darsteller waren durch die Bank überzeugend. Bernd Michael Lade ist ja bestens bekannt, ebenso Jevgenij Sitochin. Ein vergnüglicher Nachmittag. Es gab sehr viel Applaus.

Als nächstes sehe ich mir Krieg und Frieden von Leo Tolstoi an.

 

11. Mai 2012, Krieg und Frieden von Leo Tolstoi

Gestern habe ich mir nun "Krieg und Frieden" von Leo Tolstoi angesehen. Es war eine Kooperation mit dem Theater Leipzig. Regie hatte Sebastian Hartmann. Es war keinesfalls die Absicht des Regisseurs, eine Nacherzählung des Buches auf die Bühne zu bringen, sondern er konzentrierte sich auf Spielszenen, d. h. er griff Themen aus dem Buch auf. Es waren 3 Teile, dazwischen jeweils eine Pause. Teil 1 bestand zum Einstieg aus 5 Szenen, Teil 2 aus 12, Teil 3 aus 3 Szenen.

Ich gebe zu, ich hatte von dem Werk nur gelesen, kannte den Inhalt aber nicht. Im Programmheft waren die einzelnen Szenen sehr gut beschrieben, die Schauspieler führten auch immer gut mit entsprechendem Text in das Geschehen ein. Niemand hatte eine durchgehende Rolle, jeder spielte mehrere Rollen, Männer schlüpften in Frauenrollen und Frauen in Männerrollen, was aber niemals peinlich oder albern war!

Dazu spielten 3 junge Männer die passende Musik.

Es gab sehr passende und schöne Kostüme und eine wirkungsvolle Bühnenausstattung. In der Mitte stand eine hydralisch bewegte Plattform, die mal hochfuhr, mal herunterfuhr, mal Schräglage hatte und mal normal stand. An der Decke gab es Leuchtschriften und eingeblendete Bilder, vorne am Bühnenrand standen Stühle. Die Handlung fand auch immer mal vorne statt. Ich saß in der ersten Reihe und bekam entsprechend viel mit.

Von der Handlung her war alles sehr verständlich, und es wurde zu keinem Zeitpunkt langweilig oder langatmig. Das Ensemble, in das sich Heike Makatsch wunderbar harmonisch einfügte, bestach durch Spielfreude und eine unglaubliche schauspielerische Leistung wirklich aller Protagonisten. Es machte Freude, die Handlung zu verfolgen, und so vergingen die rund fünfeinhalb Stunden Spielzeit (mit Pausen waren das dann 6 Stunden) ohne Längen, man spürte die lange Aufführungsdauer überhaupt nicht. Am Ende gab es noch einen 3D-Film passend zur vorangegangenen Handlung, und man konnte sich danach noch mit den Künstlern unterhalten. Ich habe davon auch für eine kleine Weile Gebrauch gemacht.

Mir hat die Vorstellung ausgesprochen gut gefallen! Es hat aber zugegebenermaßen nur ein Drittel der Zuschauer bis zum Schluss durchgehalten. Und die Zuschauer, die bis dahin durchgehalten hatten, spendeten einen umso größeren und frenetischeren Applaus. Es klang so, als wäre das Haus voll gewesen wie zu Beginn.

Meine nächsten 2 Aufführungen sind dann im Juni....

 

10. Juni 2012, die Möwe von Anton Tschechow

Heute nun habe ich mir "die Möwe" von Anton Tschechow angesehen.

Tschechows Stück spielt auf dem Land im zaristischen Russland der Jahrhundertwende (19./20. Jahrhundert). In schrecklicher Langeweile öden die Gäste auf einem Landsitz einander an: Sie gehen sich mit kleinen Sticheleien auf die Nerven und machen sich so das Leben zur Hölle.

Der Sohn einer Schauspielerin, Konstantin Gavrilovič Treplev, möchte Schriftsteller werden und hat ein kleines Theaterstück geschrieben, welches am Abend auf einer improvisierten Bühne den anderen Gästen vorgespielt werden soll. Die Hauptrolle spielt dabei seine Geliebte und Muse Nina. Treplev leidet jedoch unter der ständigen Nörgelei seiner Mutter, die sein schriftstellerisches Talent und sein ganzes Leben in Frage stellt. Außerdem hat sie einen Freund, Boris Alekseevič Trigorin, der ebenfalls und bereits sehr erfolgreich Schriftsteller ist. Diesen Trigorin führt sie immer wieder an, wenn sie versucht, Treplevs Selbstvertrauen in sich und seine Arbeit zu schwächen. Bei der Aufführung von Treplevs Stück kommt es schließlich zum Eklat, Mutter und Sohn geraten in Streit … Mehr und mehr zeigt sich, dass Nina sich zu Trigorin hingezogen fühlt, zu seinem Charme und seinem Erfolg, der Treplev bisher versagt war. Als Treplevs Mutter und Trigorin abreisen, um zurück nach Moskau zu gehen, verlässt Nina Treplev und schließt sich Trigorin an, um fortan als Schauspielerin an seiner Seite zu sein.

Jahre vergehen, und Treplev ist inzwischen ein erfolgreicher, aber einsamer Schriftsteller. Unerwartet taucht Nina wieder auf. Sie hat enttäuscht Trigorin verlassen. Sie hatte nur einen kleinen Erfolg als Schauspielerin, und das Leben in Moskau hat sie sich anders vorgestellt. Sie ist am Versuch, ihre Träume zu verwirklichen, gescheitert. Dennoch will sie nicht zu Treplev zurückkehren und verlässt ihn abermals. Treplev, der zwar den ersehnten Erfolg als Schriftsteller erreicht hat, als Mensch aber unfreiwillig an der Realität scheitern musste, erschießt sich schließlich.

Es war ein super toller Abend mit hervorragenden Schauspielern - Corinna Harfouch war erwartungsgemäß erste Sahne, sie gab die berühmte Schauspielerin.

Ein Bühnenbild, nun, das gab es im eigentlichen Sinne nicht, es gab eine Wand, davor eine Bank, auf der sich alle abspielte. War aber auch nicht notwendig, so konnte man sich auf das hervorragende Spiel der Künstler konzentrieren. Es war ein Stück des Theaters Berlin.

Das Publikum spendete am Ende frenetischen Applaus.

Als nächstes steht dann nächste Woche "Tod eines Handlungsreisenden" auf dem Programm. 

 

15. Juni 2012, Tod eines Handlungsreisenden von Arthur Miller

Heute hatte ich mit "Tod eines Handlungsreisenden" meine letzte Vorstellung bei den RFS. Hat mir ausnehmend gut gefallen, und das Publikum (es fand im kleinen Haus statt) war auch begeistert. Es war eine Aufführung des St.-Pauli-Theaters in Hamburg mit einem super tollen Ensemble. Es fasziniert mich immer wieder, wie schnell die Stunden dahinfließen, ohne dass es einem bewusst ist.

Hier mal etwas zum Stück:

Willy Loman ist ein älterer Handlungsreisender, der nicht länger fähig ist, für seinen Lebensstandard aufzukommen. Er verliert seinen Verstand und versucht, sich selbst umzubringen, indem er Gas vom Wassererhitzer einatmet, oder Unfälle mit seinem Auto verursacht. Er ist besessen von der Nachkriegs-Interpretation des Amerikanischen Traums: Soviel Geld zu verdienen und so erfolgreich zu sein, wie irgend möglich. Da er mit seinem Alltag nicht zurechtkommt, flüchtet er sich in Träumereien, in denen er von einer glorreichen Vergangenheit träumt. In diesen Tagträumen taucht auch sein verstorbener Bruder auf, den Willy sich zum Vorbild nimmt - dieser war nämlich sehr erfolgreich. Ursprünglich hatte er vor, sein Geld mit handwerklichen Arbeiten zu verdienen, aber als er den Erfolg anderer sah, wechselte er in den Beruf des Handelsvertreters.

Linda Loman, Willys Ehefrau, kümmert sich sehr um ihren Mann und ermutigt ihn trotz seines trostlosen Zustandes. Sie ist Willys "Fundament und Unterstützung." Aber wie auch der Rest von Willys Freunden und Familie schafft sie es nicht, den Illusionen von Willy zu widersprechen, sondern verstärkt sie, was in seinem Selbstmord enden wird.

Biff Loman, Willys Sohn, war auf der High-School ein talentierter Football-Spieler, hat jedoch, seit er Willy bei einer Affäre ertappte, den Glauben an seinen Vater und das Vertrauen zu ihm verloren. Da Willy von ihm erwartet, dass er eine Karriere beginnt und erfolgreicher Geschäftsmann wird, kommt es im Verlauf des Stückes oft zu Auseinandersetzungen.

Ben, Willys bereits verstorbener Bruder, taucht in Willys Tagträumen auf. Er wurde durch das Diamantengeschäft sehr wohlhabend. Ben symbolisiert neben Willy die Kritik Millers am amerikanischen Traum: Er wurde durch einen Zufall reich (er kam zufällig nach Afrika, wo das Diamantengeschäft aufblühte) und hat sein Ziel allem Anschein nach mit zwielichtigen Mitteln erreicht.

Happy Loman, Willys zweiter Sohn ist ein unbedeutender Assistent, der 32 Jahre alt ist. Er ist und war nie erfolgreich und wird auch von seinen Eltern überwiegend ignoriert. Er weiß nicht wirklich, wofür er arbeitet und rächt sich deshalb an seinen Vorgesetzten, indem er mit deren Frauen schläft. Als Folge der Erziehung durch Willy ist er ebenso unrealistisch, was ihre Situation betrifft, wie sein Bruder und Vater.

Tod eines Handlungsreisenden beschreibt den Konflikt zwischen dem 63 Jahre alten William „Willy“ Loman und dessen 34-jährigem Sohn Biff. Willy Loman ist ein innerlich zerrissener Mensch, dessen Leben in einer Welt stattfindet, in der sich für ihn Vergangenheit und Gegenwart vermischen (in mehreren Szenen spricht er mit Personen, die nur in seiner Vorstellung anwesend sind, oder es werden Rückblicke gezeigt, manchmal vermischt sich auch beides). Biff hat seinem Vater nie verziehen, dass er einst seine Mutter mit einer anderen Frau während einer Geschäftsreise betrogen hat, geht deswegen nicht zur Sommerschule, bekommt seinen Abschluss nicht, kann nicht studieren und schlägt sich mit vielen verschiedenen Jobs durchs Leben.

Gegen Ende des Dramas spitzt sich der Vater-Sohn-Konflikt zu, bis Biff seinem Vater zeigt, wie sehr er ihn liebt. Er bewegt ihn dazu, Wahrheit und Realität zu akzeptieren und verabschiedet sich für voraussichtlich lange Zeit von ihm. Willy Loman ist zum Selbstmord entschlossen, damit seine verarmte Familie, vor allem Biff, aufgrund eines vorgetäuschten Autounfalls seine Lebensversicherung ausgezahlt bekommt. Sein toter Bruder Ben, den er wie einen Vater bewundert und kaum gekannt hat und mit dem er sich mehrfach „unterhält“, erinnert ihn an sein Vorhaben.

Das Drama endet mit der Totenmesse für Willy: nur wenige Trauernde – seine Familie und sein erfolgreicher alter Freund Charley – kommen zur Beerdigung. Als Abschluss steht ein letzter Monolog von Linda, Willys Witwe, in dem sie die Befreiung von weiteren Rechnungen beschreibt und sich wundert, warum Willy sich das Leben genommen hat.

Ein sehr schöner Theaterabend!