Oper in der Ruhrmetropole (Saison 2019/2020)
Die Saison verspricht auch wieder sehr spannend zu werden. Jedoch halte ich mich wie bisher mit Premieren erst einmal zurück. Interessant sind aber natürlich "Pique Dame", "Don Carlo", "Kain und Abel" und der "Figaro". Bei den Wiederaufnahmen habe ich mir schon alle drei Vorstellungen von "Faust" gesichert und freue mich schon jetzt ganz riesig darauf. "Nabucco" ist auch schon gebucht, und ich werde mir auch noch eventuell "La Bohème" und die "Zauberflöte" ansehen. Wegen Carlos Cardoso einmal die "Carmen" - die Inszenierung ist ja echt nicht toll wie ich hörte. Aber Carlos ist ein guter Grund. Den "Ring an einem Abend" schaue ich mir jetzt an, nachdem diese schwachsinnige Inszenierung nicht mehr gezeigt werden darf. Gut, dass die Erben Loriots diesen Klamauk gestoppt haben!. Worauf ich mich auch freue, ist der "Rosenkavalier".
Also, wieder viele schöne und spannende Opernabende.
Meine erste Vorstellung ist "Carmen" am 20. Oktober 2019.
20. Oktober 2019, Carmen von Georges Bizet - Wiederaufnahme
Nun, letzte Saison hatte ich mir ja einen Besuch verkniffen, und heute hätte ich die Vorstellung auch nicht besucht, wenn die damalige Besetzung aufgetreten wäre. Aber es gab ganz genau zwei Gründe meine Meinung zu ändern: Agnieszka Rehlis und Carlos Cardoso, und die beiden haben den Besuch in allen Belangen gerechtfertigt!
Ansonsten bleibt folgendes festzuhalten:
Auf diese Nicht-"Inszenierung" hätte man gut verzichten und lieber die alte, etwas schräge Produktion von Hilsdorf beibehalten sollen. Dafür hätte die Intendanz kein Geld ausgeben müssen. Geldverschwendung!
Requisiten? Kaum. In der Mitte der Bühne befindet sich eine runde Platte. Die Bühne hebt und senkt sich, zwischendurch wird aus der Platte eine Schräge, auf der die Darsteller herumbalancieren müssen. Das war es. Die Kostüme, naja, gingen so, aber eigentlich langweilig. Die Carmen war zu bieder, Escamillo trug die gleiche Kluft wie alle: rote Hose, weißes Hemd, Wendeweste. Langweilig - *gähn*.
Und hier mal ein paar der sinnfreien Ideen der Regie: zwei Kinderdarsteller, die wahlweise als Toreros verkleidet sind, mal Schlafanzüge tragen. Sie dürfen agieren, aber nur sinnloses Zeug machen: ein Zelt bauen, aus dem Carmen und José morgens aufstehen, obwohl sie nie ins Zelt gegangen sind... Stierkampfutensilien in die Mitte der Bühne legen. Wozu? Eine Handlung gibt es definitiv nicht. Jemand, der die Oper nicht kennt, hat verloren. Weiterer Blödsinn: der vierte Akt zeigt den Einzug der Toreros, der einem Volksfest gleicht. Die Zuschauer ziehen in Form einer Prozession ein und haben eine Statue der Gottesmutter dabei. Und hier? Hier stehen alle zusammen, bewegen sich wie Marionetten und winken wild herum. Warum? Haben sie Drogen genommen, oder zuviel getrunken? Dann sind plötzlich alle Nebendarsteller und Chor in blutigen weißen Kleidern zu sehen. Warum das? Macht keinen Sinn. Dass die Oper mit Mord endet, ist bekannt. Schlimm fand ich auch, dass weitere zwei Kinder mit Piepsstimmchen Dialoge, die sonst gesungen werden, gesprochen haben. Sehr "glaubwürdig", wenn eine erwachsene Frau und ein erwachsener Mann mit Piepsstimmchen "sprechen". Die Darsteller bewegten nur die Lippen. So ein Schwachsinn!!!!
Kennt die Regie eigentlich die Oper vom Inhalt her? Das wage ich doch arg zu bezweifeln. Aber wer aus Rusalka, einem Märchen, eine "Psychoanalyse eines pubertierenden Kindes" macht, von dem kann man nicht erwarten, eine anständige Carmen auf die Beine zu stellen. Ich hatte ja erwartet, dass das Ganze elend langweilig sein würde, aber dass das ein derartiger Schwachsinn sein würde, damit habe ich dann doch nicht gerechnet.
Charlotte de Beer sollte ihre unfähigen Finger tunlichst von bekannten Opern lassen. Sie hat offenbar keine Ahnung von diesem Metier. Ich kann nicht verstehen, dass sie immer noch engagiert wird. Das war wieder ein hirnloser Quatsch heute Abend, da fehlen mir fast die Worte.
Schade, schade, schade, dass die Darsteller nicht agieren durften. Streng genommen war es eine konzertante Aufführung mit Kostümen. Und diese Darsteller sind so klasse, die können so viel mehr. Bedauerlich, dass sie das nicht zeigen durften, dafür aber schwirrten diese zwei nervigen Gören auf der Bühne herum. WAS für ein dämlicher Einfall!!!!
Na, Schwamm drüber. Ich war ja, wie erwähnt, eh nur wegen der beiden Hauptdarsteller in der Vorstellung. Und sie und die tolle Musik waren den Besuch dann doch wert.
Dies war nun die Besetzung:
- Don José - Carlos Cardoso - hinreißend gesungen! Wie gesagt, schade, dass er nicht spielen durfte
- Escamillo - Almas Svilpa - super gesungen. Schade, dass nicht er traditionell gekleidet war, sondern nur diese zwei dummen Gören
- Remendado - Fritz Steinbacher - wunderbar gesungen
- Dancaïro - Albrecht Kludszuweit - super gesungen
- Zunige - Karel Martin Ludvik - super gesungen
- Moralès - Martijn Cornet - wunderbar gesungen
- Carmen - Angnieszka Rehlis - hinreißend gesungen, leider durfte sie nicht zeigen, was sie schauspielerisch drauf hat
- Micaëla - Tamara Banjesvic - super gesungen
- Frasquita - Christina Clark - super gesungen - durfte sich nur wie eine bekiffte Marionette bewegen
- Mercédès - Liliana de Sousa - super gesungen - für sie gilt das gleiche
- Musikalische Leitung - Robert Jindra
- "Inszenierung" - Lotte de Beer
- Bühne und Kostüme - Clement & Sanôu
- Licht - Alex Brok
Nun, wir haben das genossen, was zu genießen war - Darsteller und Musik.
Mehr will ich dazu nicht sagen. Eine Wiederholung wird es selbstredend nicht geben.
Freue mich nun auf die "Pique Dame" am 26. Oktober.
26. Oktober 2019, Pique Dame von Pjotr I. Tschaikowski
Diese Produktion hatte man auf zwei Stunden ohne Pause heruntergebrochen, was ich sehr gut fand. Ich muss aber auch zugeben, dass ich die Oper nicht gut genug kenne, um zu merken was weggelassen wurde.
Man konzentriert sich auf Hermann, einem etwas seltsamen jungen deutschen Offizier, der einerseits in eine ihm vom Namen her unbekannte Dame verliebt ist, andererseits auf seine spätere Spielsucht. Hermann beobachtet Abend für Abend seine Freunde am Spieltisch, spielt selber aber nicht. Das Spiel an sich scheint ihn zu faszinieren. Später sind er und seine Freunde zur Verlobung des Fürsten Jeletzki anläßlich eines Maskenballs eingeladen. Als er dessen Verlobte Lisa sieht, muss er erkennen, dass es die von ihm angebetete Dame ist. Er ist besessen von ihr und will sie unbedingt zu seiner Braut machen.
Am Vortag ihrer Verlobung feiert Lisa mit ihren Freundinnen, sie ist nicht ganz bei der Sache, denn sie hat angefangen Gefühle für den Fremden zu entwickeln.
Außerdem kursiert im Kreis der Offiziere die Geschichte einer alten Gräfin, die einst eine Berühmtheit in den Spielsälen der Welt war. Ihr war einmal ein Geheimnis anvertraut worden: das Geheimnis der "drei Karten", mit denen man jedes Spiel gewinnt. Hermanns Interesse ist geweckt. Das wäre ja ein Spiel ohne Risiko und großem Gewinn. Das Geld will er haben und dann mit Lisa ein neues Leben beginnen.
Am Ende des Festes gesteht er Lisa seine Liebe. Auch weiß er inzwischen, dass die alte Gräfin Lisa Großmutter ist. Einen Harken hat das Ganze aber schon: die Gräfin darf das Geheimnis nur dreimal verraten. Beim dritten Mal muss sie sterben. Zweimal hat sie die Zahlen schon weitergegeben...
Lisa bittet Hermann ins Zimmer ihrer Großmutter für ihr geheimes Treffen, diese sei nicht anwesend. Als Hermann das Zimmer betritt und auf Lisa wartet, kommt die Gräfin doch zurück. Hermann ist besessen von den Zahlen und bedrängt die alte Dame so sehr, dass sie stirbt, ohne ihn in das Geheimnis eingeweiht zu haben. Angesichts des Todes der Großmutter schickt Lisa Hermann fort, denn sie erkennt, dass ihm die Zahlen offenbar wichtiger waren als seine Liebe zu ihr.
Später erscheint Hermann die tote Gräfin im Traum und gibt ihr Geheimnis preis: es sind die Zahlen 3, 7 und das Ass. Lisa kommt zurück zu Hermann und verzeiht ihm, er aber hat nach Kenntnis der Zahlen nichts anderes zu tun als in den Spielsalon zu gehen. Endgültig ist Lisa klar, dass sie ihn verloren hat.
Im Spielsalon trifft er auch auf Fürst Jeletzki, der wenig begeistert davon ist, ihn zu sehen, nachdem das Verlöbnis mit Lisa nach deren Untreue gelöst wurde. Alle sind erstaunt, dass Hermann nun spielen will. Es klappt wunderbar: die 3 siegt, die 7 siegt. Am Ende will der Fürst versuchen, ihn zu schlagen, aber Hermann zieht vermeintlich das alles siegende Ass. Aber gegen seinen Willen hat er leider die Pique Dame gezogen, worauf der Fürst ihn aufmerksam macht. Alles verloren mit einem Schlag. Hermann bricht zusammen. Im Delirium sieht er noch einmal die tote Gräfin...
Die Geschichte ist schön märchenhaft und geheimnisvoll, was mir sehr gefallen hat. In der Vergangenheit hatte ich die Oper schon mal in Dortmund und Gelsenkirchen gesehen. Die Musik ist ebenfalls wunderschön.
Die Inszenierung ist ebenfalls gelungen bis hin zu den Kostümen.
Und hier einmal die Abendbesetzung:
- Hermann - Sergey Polyakov - darstellerisch ein absoluter Traum, ausgestattet mit einer wunderschönen Stimme. Eine perfekte Besetzung
- Graf Tomski - Almas Svilpa - ihn habe ich erst an der Stimme erkannt, denn er war so maskiert mit Langhaarperücke und Sonnenbrille, dass man nicht gleich sehen konnte, wer da auf der Bühne stand. Er war super wie immer
- Fürst Jeletzki - Heiko Trinsinger - auch er war klasse wie immer
- Tschekalinski - Dmitry Ivanchey - klasse, wie immer, vor allem auch darstellersich
- Surin - Baurzhan Anderzhanov - auch super wie immer
- Gräfin - Helena Rasker - diese Sängerin hat eine super schöne Stimme und ist darstellerisch eine absolute Offenbarung. Wow!
- Polina - Liliana de Sousa - klasse, wie immer
- Tschaplitzki - Rainer Maria Röhr - kleine Rolle, aber super gespielt - wie immer
- Narumow - Karel Martin Ludvik - auch kleine Rolle, aber super gespielt und gesungen
- Zeremonienmeister - Stoyan Milkov
- Bühnenklavier - Juriko Akimoto
- Musikalische Leitung - Tomás Netopil
- Inszenierung - Philipp Himmelmann
- Bühne - Johannes Leiacker
- Kostüme - Gesine Völlm
- Licht - Stefan Bolliger
- Choreinstudierung - Jens Bingert
Es war ein sehr schöner Opernabend, das Publikum begeistert und zufrieden. Einmal reicht mir aber, wenn ich auch sonst ein Stück durchaus mehrere Male besuche.
18. Januar 2020, Nabucco von Giuseppe Verdi
Diese Oper geht einfach immer wieder, zumal auch die Inszenierung sehr gut ist. Bei der heutigen Vorstellung gab es für uns einige Neubesetzungen:
Ismael wurde gesungen von Carlos Cardoso. Das Kostüm wirkte an dem smarten Kerlchen sehr fremd, aber egal, er sang wie immer ganz wunderbar und interpretierte die Rolle sehr, sehr gut. Er kann ja singen, was er will, es ist sowieso immer klasse! Gabrielle Mouhlen gab eine vorzügliche Abigaille. Ich hatte sie ja schon in dieser Rolle in Dortmund erlebt. Uii, sie kann ganz schön fies und giftig sein. Wenn Blicke töten könnten, wäre mancher tot umgefallen. Fantastisch wie sie ihre Verachtung zeigte und wie schön hochmütig sie war, aber auch am Ende diese gezeigte Reue. Die Frau ist erste Sahne in jeder Rolle! Fenena wurden gesungen von Deirdre Angenent. Auch sie war hinreißend. Tolle Sängerin!
Somit hatten wir wieder einmal einen bezaubernden Opernabend.
Wegen Corona war es das dann. Sehr schade, aber leider notwendig. Freuen wir uns auf eine neue, hoffentlich störungsfreie, Saison. Im September soll es dann weitergehen.