Opernbesuche im In- und Ausland
Viele Jahre bin ich durch die "Weltgeschichte" gereist, habe überragende Opernerlebnisse gehabt, aber es gab auch Abende, die man schlicht vergessen konnte. Einige waren so unterirdisch, dass ich dafür eine eigene Seite eröffnet habe.
Hier aber mal ein paar Abende der besonderen Art.
Anfang der 90er Jahre erlebte ich die Abschiedsvorstellung von Raina Kabaivanska als "Butterfly" in der "Arena di Verona". Wer schon mal dort war, weiß, wie viele Zuschauer dort hineinpassen. Sie war so ergreifend, dass man in der riesigen Arena glatt eine Stecknadel fallen hören konnte. Es war ein Atem beraubender Abend mit einer herrlichen Inszenierung.
Keine Frage, verstaubte Produktionen haben einfach ihren Reiz, aber ich habe definitiv kein Problem mit modernen Inszenierungen, wenn ich verstehe, was der Regisseur mir, dem Zuschauer, damit sagen will. Gelingt nur leider nicht immer...
Kleiner Hinweis: im "Carreras-Bereich" berichte ich von den einzelnen hier erwähnten, ihn betreffenden Events, ausführlicher...
In besonderer Erinnerung ist mir auch ein Opernabend mit José Carreras in Verona geblieben. Er sang drei Akte verschiedener Opern: Aida, Carmen und Lucia di Lammermoor. Am nächsten Abend gab es eine "spanische Nacht", die auch außergewöhnlich gut war.
Zwei besonders ergreifende Opernabende jedoch erlebte ich nach der Genesung von José Carreras:
Das war 1989 "Cristobal Colón" im "Liceo" in Barcelona. Das Stück wurde dort uraufgeführt. Der Komponist Leonardo Balada hatte diese Oper eigens für José Carreras komponiert. Auf die Frage, was er denn gemacht hätte, wenn Herr Carreras nicht überlebt hätte, antwortete er, dass diese dann niemals zur Aufführung gelangt wäre, nicht mit einem anderen Tenor. Ich hatte also das Vergnügen, mir diese außergewöhnliche Oper ansehen zu dürfen. Sie gefiel mir ausgesprochen gut. Die Inszenierung war klassisch, die Besetzung mit José Carreras, Juan Pons und Montserrat Caballé hervorragend. Am schönsten jedoch war, dass wir uns mit einigen wenigen Zuschauern anschließend mit Herrn Carreras an der Bühnentür unterhalten konnten. Man hatte uns einen Tipp gegeben, wo er herauskommen würde. Es war ein Nebenausgang, den nur wenige kennen.
Im Januar 1990 dann die "Carmen" in der "Wiener Staatsoper". Die Stimmung war von Beginn an unglaublich emotional. Allein für die "Blumenarie" gab es einen zwanzig minütigen Applaus, der Herrn Carreras zu Tränen rührte, und ich heulte dann gleich mit. Er war für mich sowieso DER "Don José" schlechthin, Agnes Baltsa war eine herausragende "Carmen". Allein schon wie sie zwei Teller zerschlug und als Kastagnetten benutzte, oder wie sie im letzten Akt mit den Zähnen den Ring vom Finger zieht und "Don José" diesen vor die Füße spuckte, und das mit unglaublicher Verachtung, ja, das hatte schon was! Und wie José sie dann ins Jenseits beförderte und anschließend über der Leiche zusammensackte, o lala, das war hinreißend!
Es gab am Ende 1 Stunde standing ovations, auch noch als der eiserne Vorhang längst heruntergefahren worden war.
Zwei Erlebnisse, die ich sicher niemals vergessen werde.
Ich habe José 10 Jahre auf Reisen im In- und Ausland erleben dürfen. Meine Reisen führten mich bis nach Washington, wo er an meinem Geburtstag "Sly" von Wolf-Ferrari sang Das war dann mein persönlicher Schlusspunkt, von da an habe ich dann wieder vermehrt die Opernhäuser in meiner Umgebung besucht.
1988 erlebte ich einige Comeback-Konzerte in der Philharmonie in Köln, Berlin und München, die so ergreifend waren, dass ich heute noch eine Gänsehaut bekomme, wenn ich nur daran denke. Man war einfach nur glücklich und dankbar, dass er diese unglaubliche "Roßkur" überstanden hatte und sogar wieder auftreten konnte. Und es war immer ein wunderbares Liedprogramm.
1989 besuchte ich auch die "Salzburger Festspiele", damals noch umweht vom Geiste Karajans, der kurz vorher verstorben war. Eine nahezu magische Atmosphäre. Dort erlebte ich viele Aufführungen, auch ohne José. U. a. "La clemenza di Tito" mit dem unvergessenen Gösta Winberg, eine Mozart-Serenade.
José erlebte ich in einem zauberhaften Liederabend im großen Haus. In einem Musikgeschäft erfuhren wir dann, dass es ein Interview mit Marcel Prawy geben sollte, das später im ÖTV gezeigt wurde. Wir durften hin und erlebten das Ganze live. Super, einfach nur klasse. Und eben unerwartet. Weiterhin erlebten wir sämtliche Opernsänger, u. a. José, Placido Domingo, Francisco Araiza in einem Benefiz-Fußballspiel. Eine witzige Angelegenheit.
Sowas vergisst man halt auch nicht, zumal wir vor der Reise damit nicht rechnen konnten.
Ende 1989 dann schloß ich das "Carreras-Jahr" mit einer Tournee "Missa Criolla", die durch 9 Städte führte, ich besuchte 6 davon. In Wien wurde ich auf der Kärtner Straße von Chor-Mitgliedern angesprochen, die mich wieder erkannten. Ich sitze ja immer in der ersten Reihe. Das war schon ulkig...
In den folgenden Jahren erlebte ich José in zahlreichen Liederabenden, Open-Air-Konzerten, teilweise zusammen mit Plácido Domingo und Luciano Pavarotti, und natürlich in den diversen Opernhäusern.
Oft in Wien als "Canio", "Rodolfo", "Johannes der Täufer", "Don José", "Samson", "Loris Ipanov", "Stiffelio", um nur einige zu nennen, als "Loris" erlebte ich ihn dann auch in der "Scala", als "Stiffelio" im Royal Opera House in London. "Stiffelio" ist auch eine Oper, in der mich José zu Tränen rührte. Es gibt nur EINEN wahren "Stiffelio", jeder andere kann nur albern und peinlich wirken, sorry, das ist einfach so. Auch so ein total unvergesslicher Abend, wofür ich dankbar bin, ihn erlebt zu haben!
Auch diverse Festspiele habe ich besucht:
In "Mérida" sah ich ihn als "Johannes der Täufer" in der "Hérodiade", und das gleich 3 mal, in einer alten Arena und in "Perelada" als "Samson" zusammen mit Agnes Baltsa als "Dalila". Eine traumhaft kitschigen Kulisse in einem Garten einer alten Burg, im Hintergrund ein Teich mit Seerosen, über uns der Vollmond. Muss auch mal sein.
In "Mérida" lernte ich die spanische Gastfreundschaft kennen: ich wusste natürlich nicht, dass man dort einen Picknickkorb mitnimmt... Die Vorstellung fing wegen der Hitze erst um 23:00 (!) Uhr an und dauerte dann bis 2:00 Uhr morgens. Ich wurde dann als alleinreisende junge Frau mit Proviant versorgt. Ich fand das so rührend.
Überhaupt lernte ich dort erstmal Auto fahren. War ich früher ein Angsthase und mied Stadtverkehr und lange Strecken, blieb mir in Andalusien nicht viel anderes übrig als selber zu fahren, da die Busverbindungen schlicht zu schlecht waren. In 10 Tagen fuhr ich locker meine 1.200 Kilometerchen und genoß die Fahrten durch die wunderbare Landschaft, die mich bis nach Portugal führte.
Aber ich hatte auch schöne Abende mit anderen Sängern:
"Lucia die Lammermoor" mit Francisco Araiza und Lucia Aliberti in Dortmund anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Dortmunder Opernhauses. Das war auch ein besonderer Abend. Überhaupt die "Lucia". Sie ist, trotzdem Giuseppe Verdi mein persönlicher Favorit ist - 2001 besuchte ich anlässlich seines 100. Todesjahres sämtliche Orte, die mit ihm zu tun hatten, gewissermaßen von der Geburtsstätte bis zur Grabstelle - meine absolute Lieblingsoper. Ich habe sie wenigstens 2 Dutzend mal gesehen in verschiedenen Opernhäusern. In einer Saison sah ich sie in Dortmund 9 mal in einer Inszenierung von Giancarlo del Monaco. Großartige Produktion damals! Als ich "Lucia" das allererste Mal live erlebte, war ich dermaßen fix und alle, dass mich die Programmverkäuferin anschließend bitten musste zu gehen. Ich war schlicht nicht in der Lage dazu, so ergriffen war ich! Und diese Oper hat bis heute nicht diesen Reiz für mich verloren. Ich liebe sie einfach. Aber ich liebe noch viele andere Opern. Dazu mehr in dem entsprechenden Ordner.
Im März 1993 erlebte ich in der Oper Zürich Franciso Araiza als "Pinkerton" in einer wirklich sehr schönen Inszenierung von Joachim Herz, Bühnenbild Reinhart Zimmermann, Kostüme Eleonore Kleiber, musikalische Leitung Nicola Rescigno. Seine Butterfly wurde hinreißend und berührend gesungen von Yoko Watanabe. Es ist natürlich immer schön, wenn eine Asiatin diese Rolle übernimmt. Ich hatte mir dies zum Geburtstag geschenkt. Kann man einen Geburtstag schöner enden lassen? Leider gab es einen Wermutstropfen: José hatte für den 20. den Jean in Hérodiade abgesagt, und so mussten wir mit Bojko Zvetanov vorlieb nehmen. Naja, objektiv gesagt: er machte seinen Job, aber er war definitiv kein Carreras-Ersatz, allein schon aufgrund seiner Optik. Da ich das schon an meinem Geburtstag gewusst hatte, war ich entsprechend geknickt, hatte ich ja nur deswegen die Reise gebucht.... Egal, Francisco Araiza und seine Partnerin boten mir dann ja einen tollen Abend.
Ein weiteres tolles Opernerlebnis hatte ich in der "Staatsoper Berlin" als ich Plácido Domingo als "Simon Boccanegra" erleben durfte. Ich war hin und weg. Ein bezaubernder Abend in einem bezaubernden Opernhaus. Für mich das schönste überhaupt, und ich hoffe, dass es nach der Wiedereröffnung nichts von diesem Charme und dem Glanz eingebüßt hat. Man hat uns ja versprochen, alles zu erhalten. Als ich jetzt zum 4. Advent in Berlin war, sah ich in der Zeitung das entkernte Opernhaus. Ufff... Da muss aber noch sehr viel Arbeit geleistet werden, damit es 2014 wieder eröffnet werden kann. Der nunmehr neue und wohl endgültige Eröffungstermin: 03. Oktober 2017. Wer's glaubt....
Einen super tollen Opernabend erlebte ich mit Roberto Alagna in der "Deutschen Oper" in Berlin. Er sang dort den "Edgardo" in meiner geliebten "Lucia di Lammermoor". Dazu in einer herrlich plüschigen Inszenierung. Es war nur schön!!!
An diesem Adventwochende erlebte ich Peter Seiffert und Petra Maria Schnitzer als "Tannhäuser/Elisabeth-Venus". Grandios kann ich nur sagen, grandios, und der Applaus wollte kein Ende nehmen. Dazu eine stimmige Inszenierung. Ein bezaubernder Abend!
Zwei sehr interessante Inszenierungen habe ich vor ein paar Jahren in der "Staatsoper Hamburg" erlebt: "Die Zauberflöte" - hier waren sämtliche Figuren ausstaffiert wie Kinder, nur die "Königin der Nacht und Sarrastro" standen auf Riesengestellen, die mit Stoffen zu Kostümen ummantelt waren. "Sarastros" Arm, mit dem er "Pamina" umarmte, wurde von einem Komparsen geführt. Auch die Austattung war Kind gerecht. Irgendwie rührend. Hier stimmte einfach alles. Darsteller des "Sarastro" war Diogenes Randes, der schon in Essen wunderbare Opernabende bescherte, u. a. als "Mustafa" in der "Italienerin in Algier". Weiterhin eine "Turandot", bei der alle Charaktere japanischen Mangas nachempfunden waren. Der "Gong" war ein Riesenhandy, "Turdandot" eher ein schüchternes Mädchen mit Teddy im Arm. Ungewöhnlich, sicher, aber ganz, ganz toll gemacht! Highlight des Abends war Frank Poretta als Calaf. Er war, wie schon in Essen als Don Alvaro, herausragend!